Infodienst 1 / Dezember 2018

Infodienst 1/18 8 Sozialpolitik Die gesetzlichen Mühlen mahlen langsam Langsam und leider nur in sehr klei- nen Schritten kommen die Gesetz- geber in Fahrt. An verschiedenen Stellen auf Bundes- und Länder- ebene sind inzwischen erste An- sätze im Bereich der ambulanten Pflege zu finden, die deutlich machen, dass sich das hauswirt- schaftliche Leistungsspektrum suk- zessive erweitert und sich mit diesen neuen Erweiterungen auch die Grund- prinzipien des hauswirtschaftlichen Handelns verändern. Neben das Hand- lungskonzept der hauswirtschaftlichen Versorgung, treten Konzepte in denen die Hauswirtschaft im Sinne einer för- dernden und aktivierenden Alltagsge- staltung gefordert wird. In der genauen Betrachtung der Rechtsgrundlagen wer- den allerdings Lücken sichtbar. Die Gesetzgeber tun sich mit der Veran- kerung von fachlichen Anforderungen an die Dienstleistungserbringung und an die Qualifizierung der Dienstleistungs- erbringer noch schwer. Dazu ein Beispiel: Die Angebote zur Unterstützung im Alltag sind im § 45 SGB XI (Pflegeversicherungsgesetz) ge- regelt. Im Rahmen der Angebote zur Unterstützung im Alltag werden die hauswirtschaftlichen Dienstleistungen als Angebote zur Entlastung im Alltag bezeichnet. Bezüge zur hauswirtschaftli- chen Betreuung lassen sich über folgen- de Formulierungen herstellen: – Angebote zur Unterstützung im Alltag tragen dazu bei, Pflegepersonen zu entlasten, und helfen Pflegebe- dürftigen, möglichst lange in ihrer häus- lichen Umgebung zu bleiben, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten und ihren Alltag weiterhin möglichst selbständig bewältigen zu können. – Angebote zur Entlastung im Alltag unterstützen Pflegebedürftige bei der Bewältigung von allgemeinen oder pfle- gebedingten Anforderungen des Alltags oder im Haushalt, insbesondere bei der Haushaltsführung, oder bei der eigen- verantwortlichen Organisation individu- ell benötigter Hilfeleistungen. – Als ein Grundprinzip wird benannt: eine die vorhandenen Ressourcen und Fähigkeiten stärkende oder stabilisieren- de Alltagsbegleitung. Werden diese Formulierungen mit der hauswirtschaftlichen Brille gelesen, dann lässt sich daraus ableiten, dass es zum Beispiel in der Qualifizierung der Mitarbeiterinnen ein wichtiges Ziel ist, eine Haltung zu vermitteln, die die Auf- traggeber darin unterstützt, personen- und situationsorientiert sowie bedarfsge- recht zu handeln. Im Vordergrund der Angebote zur Unterstützung im Alltag steht nicht ein Versorgungshandeln mit dem Auftrag der Erledigung von haus- wirtschaftlichen Tätigkeiten. In den jeweiligen Aufträgen sind die vereinbar- ten Aufgaben unter Berücksichtigung der Selbst- und Mitbestimmung der Auftraggeber zu erledigen. Angebote zur assistierenden Begleitung im Alltag leisten einen Beitrag zur aktiven gesell- schaftlichen Teilhabe und Mitgestaltung des gewohnten Alltags. Dies liest sich erst einmal gut. Für die Realitäten in der Dienstleistungserbrin- gung stellt sich die kritische Frage, wie unter den gegebenen Rahmenbedingun- gen Schulungen so zu konzipieren sind, dass Mitarbeiterinnen, die in der Regel keine hauswirtschaftliche Berufsqualifi- kation mitbringen, im Rahmen eines sehr schmalen Stundenkontingents grundlegend fachlich qualifiziert wer- den. An dieser Stelle sind viele Bun- desländer ein Jahr nach der rechtlichen Verankerung und Stärkung der Ange- bote zur Unterstützung im Alltag noch nicht einmal in den Startlöchern angekommen. Im Rahmen einer Expertise „Am- bulante hauswirtschaftliche Ver- sorgung im Rahmen der Pfle- geversicherung”, die durch das Kompetenzzentrum Professio- nalisierung und Qualitätssiche- rung haushaltnaher Dienstleis- tungen” an der Universität Gießen in Auftrag gegeben wurde, konnte nachgewiesen werden, dass an dieser Stelle erst wenige Bundesländer ihrer Aufgabe nachgekommen sind, die notwendigen landesrechtli- chen Regelungen umzuset- zen. Die Expertise ist unter www.uni-giessen.de ( Kompetenzzentrum) herunterzuladen. Viele arbeiten an einer Zukunft für die hauswirtschaftliche Betreuung Die Grundlagen sind gelegt und in der Praxis haben sich viele Leitungsver- antwortliche in der Hauswirtschaft mit ihren Mitarbeiterinnen auf den Weg ge- macht, Konzepte im Sinne einer fördern- den und aktivierenden Alltagsbegleitung zu entwickeln. Gleichzeitig sind immer mehr Landesarbeitsgemeinschaften der Hauswirtschaft in ihren Bundesländern aktiv, um sich dafür einzusetzen, dass Länderregelungen nicht ohne hauswirt- schaftliche Expertise entwickelt werden. Und auf Bundesebene ist der Deutsche Hauswirtschaftsrat dabei, sich Schritt für Schritt als politische Außenvertre- tung der Hauswirtschaft zu etablieren. Martina Feulner Die Autorin ist Diplom-Ökotrophologin und Gründerin des Unternehmens „H wie Haus- wirtschaft; Bildung-Beratung-Supervision“. info@h-wie-hauswirtschaft.de Mitmachen statt nur versorgt werden. Foto: Alina Stellwagen aus „Mit Oma am Herd“ von Stefanie Korn und Nadine Müller

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