Infodienst 4 / Oktober 2019

„Wir waren noch nie in der komfortab- len Situation, dass Aufwertung der Sorgearbeit in einem Koalitionsvertrag steht.” Diese Chance gilt es zu nutzen. „Wir müssen aktiver und ungeduldiger werden”, gibt sich Meier-Gräwe kämp- ferisch. „Wenn ich 15 Minuten Zeit be- käme, würde ich den Finanzminister überzeugen, dass sich das Gutscheinmo- dell für legale haushaltsnahe Dienst- leistungen auch volkswirtschaftlich rechnet.” Die Wertschöpfung bei dem Erwerb- und Sorgemodell liegt nach Beispielberechnungen dreimal höher als beim Familienernährermodell. „Warum halten wir trotzdem an diesem Modell fest?”, fragte Meier-Gräwe verständnis- los, so wir doch bei dem Erwerb- und Sorgemodell gleichzeitig auch noch zufriedenere Eltern haben, da beide Partner Beruf und Familie vereinbaren könnten. Beatrix Flatt Infodienst 4/19 9 Mit der gemeinsamen Planung, Organisation und Durchführung des Hauswirtschaftskongresses haben die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft, der Berufsverband Hauswirtschaft, der Bundesverband haushaltsnaher Dienstleistungsunternehmen, der deut- sche Evangelische Frauenbund, die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands sowie der Bundesverband Hauswirtschaftliche Berufe unter dem Dach des Deutschen Hauswirtschaftsrates ein starkes Zeichen gesetzt – ein Zeichen für eine bundesweite, ge- lungene und nachhaltige Vernetzung. Der Hauswirtschaftskongress war für den Berufsverband Hauswirtschaft gleichzeitig die Jahrestagung. Ein Viertel der (zahlenden) Teilnehmenden waren Mitglieder des Berufsverbandes Hauswirtschaft – mit großem Abstand zur Beteiligung von Mitgliedern anderer Verbände. In seinem Statement zur Begrüßung betonte Frank Wickert-Meuser, Präsident des Berufsverbandes Hauswirtschaft, die Bedeutung des lebenslangen Lernens. „Bildung ist ein Schlüssel zur nachhal- tigen Entwicklung. Das Organisationsteam von links: Beate Imhof-Gildein, Berufsverband Hauswirtschaft; Urte Paaßen, Deutscher Hauswirtschaftsrat; Helga Klingbeil-Weber, Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands; Frank Wickert-Meuser, Berufsverband Hauswirtschaft; Wilma Losemann, Deutscher Hauswirtschaftsrat; Prof. Dr. Pirjo Schack, Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft; Hannelore Herbel, Deutscher Evangelischer Frauenbund; Claudia Forster-Bard, Bundesverband hauswirtschaftliche Berufe MdH; Ute Krützmann, Moderatorin des Kongresses Kommentar Der Hauswirtschaftskongress in Berlin hat gezeigt, dass die Hauswirtschaft bereit und in der Lage ist, den Wandel in eine nachhaltige Zukunft mit ihrem Know-how zu unterstützen. Warum macht sich so viel Angst und so viel Widerstand gegenüber den Maßnahmen für mehr Klimaschutz breit? Wo bleiben die Visionen für eine kli- maneutrale Welt? Wird diese Welt so viel schlechter aussehen, dass wir so viel Angst vor mutigen Schritten haben? Wer sagt denn, dass Nachhaltigkeit bedeutet, dass wir in unseren Häusern im Dunklen frieren, dass wir nicht mehr mobil sind, dass wir keine Fernreisen mehr machen, dass wir nur noch lustlos Gemüse kauen und krat- zige Klamotten aus heimischer Schafwolle tragen? Wir können gemeinsam ganz andere Visionen entwickeln und eine Zukunft beschreiben, auf die wir uns freuen können. Klar wird sich vieles verändern und wir werden uns von manchen Gewohn- heiten verabschieden müssen. Aber es kommt etwas Neues und wir haben es jetzt in der Hand, diese Zukunft zu gestalten – eine Zukunft, die nicht nur nachhaltig mit der Ressource Umwelt, sondern auch mit der Ressource Mensch umgeht. Wenn dieses Bild einer zukünftigen, klimaneutralen und gerechteren Welt viel mehr in den Köpfen der Menschen verankert wäre, wäre vielleicht auch der Widerstand gegen- über der Klimawende und gegenüber nachhaltiger Entwicklung nicht so groß. Nicht die Angst vor Gelbwesten in Deutschland oder vor schlechten Wahlergebnissen sollte die Politik leiten, sondern der Mut zum Handeln und die Visionen, die Men- schen begeistern können. Die Hauswirtschaft ist dabei, diese Visionen weiterzuent- wickeln. Das hat Berlin gezeigt. Beatrix Flatt

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY2ODY=