Infodienst 4 / Dezember 2022

Lernen: Agil und digital Transformation durch lebenslanges Lernen Als Hauswirtschafter im Generationenzentrum Qualifizierung Dezember 2022 Infodienst4 www.berufsverband-hauswirtschaft.de

Infodienst 4/22 3 Editorial Tanja Söhlbrandt, Präsidentin ein aufregendes Jahr geht zu Ende. Umso wichtiger finde ich es, dass wir uns mit dem Thema Ausbildung und Qualifizierung beschäftigen. Ein berufliches Weiterkommen ohne Weiterbildung und Zusatzqualifikationen ist schwer vorstellbar. Umso wichtiger ist es aber auch, eine gute und fundierte Ausbildung zu garantieren, denn nur so können wir auch in Zukunft die hauswirtschaftliche Betreuung und Versorgung von Menschen garantieren und unseren Berufsstand sichern. Das bedeutet manchmal, auch neue Wege zu gehen. Es wird in Zukunft nicht nur Auszubildende geben, die direkt von der Schulbank in die Ausbildungsbetriebe kommen. Viele werden Umwege nehmen oder erst nach mehreren Anläufen, die passende Ausbildung finden. Die Lebenswege sind nicht immer geradlinig, sondern bunt und vielfältig und so sollte man allen ermöglichen, den Weg in die Hauswirtschaft zu finden, auch wenn es bedeutet, dass wir uns als Ausbilder*innen auf viele Herausforderungen einstellen müssen. Letztlich zählen aber das Ergebnis und die Zufriedenheit der Auszubildenden. In diesem Heft berichten wir über Erfahrungen aus verschiedenen Perspektiven und über unterschiedliche Initiativen im Bereich Ausbildung, Qualifizierung und Weiterbildung. Es ist viel Kreativität gefragt, um die Attraktivität des Berufes bekannt zu machen. Es braucht aber auch Engagement, einen starken Willen und oft auch Mut, seine Ziele zu erreichen. Bei dieser Gelegenheit möchte ich Sie auf die möglichen Veränderungen in unserem Verband aufmerksam machen. Es ist mir ein großes Anliegen, dass der Berufsverband Hauswirtschaft gut aufgestellt in die Zukunft geht. Es ist wichtig, sich rechtzeitig mit den anstehenden Fragen auseinanderzusetzen. Hierzu wird es im Januar eine außerordentliche Mitgliederversammlung geben, die wir online durchführen, damit viele von Ihnen dabei sein können. Die Einladung dazu finden Sie auf der Umschlagseite. Bei diesem Prozess begleitet uns ein Berater, der langjährige Expertise zu Veränderungsprozessen in Verbänden hat. Aber wir brauchen vor allem Sie, liebe Mitglieder. Wir zählen hier auf Sie! In diesem Sinne haben wir ein spannendes Verbandsjahr vor uns. Zunächst wünsche ich Ihnen und Ihren Familien erst einmal eine geruhsame und festliche Weihnachtszeit. Bleiben Sie gesund und starten Sie mit uns gut in das Jahr 2023! Im Namen des Präsidiums grüßt Sie herzlich Ihre Liebe Leser und Leserinnen, Tanja Söhlbrandt

Infodienst 4/22 4 Editorial Mit Dank an unsere Sponsoren: Inhalt 6 Neues Lernen – Agiles Lernen 9 Wandel durch Lernen 12 Online zur externen Prüfung 14 Mit Fokus zur Prüfung 15 Verbundausbildung in der Hauswirtschaft 18 Verbund als Zukunft 19 Hauswirtschaft ist therapeutisch 20 Neue Bücher und Apps 22 Geflüchtete in der Hauswirtschaft 23 Geschafft! 24 Qualifizieren zu nachhaltigem Handeln 26 Hauswirtschaft und Inklusion 28 Die Krux mit dem Föderalismus 30 Qualifizierung digital 31 Mehr Bio außer Haus 32 Politische Arbeit 33 Baden-Württemberg 34 Bayern, Nordrhein-Westfalen 35 Tuttlingen 37 Unsere Jubilare 38 Menschen im Berufsverband 39 Fortbildungen 40 Zertifiziertes Mittagessen 41 Wenn in sozialen Einrichtungen gekocht wird 42 Neue Mitglieder, Impressum 3 Aus dem Berufsverband Aus der Berufspraxis Service S. 6 Lernen: Agil und digital S. 9 Transformation durch lebenslanges Lernen S. 23 Als Hauswirtschafter im Generationenzentrum Berufsverband Hauswirtschaft auf Facebook Bildung Interview Ausbildung Interview Jugendherbergen Interview Beruf Ausbildung Interview EcoCleaner Weiterbildung Ausbildung Fachtagung Nachhaltigkeit Deutscher Hauswirtschaftsrat Landesverbände Netzwerke Aktuelles Ihre Ansprechpartner Karriere Für Sie kurz notiert Gehört & Gelesen Wertgeschätzt & willkommen Titelfotos: AdobeStock_Robert Kneschke; AdobeStock_Zarya Maxim

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6 Infodienst 4/22 Technik und Digitalisierung bieten immer neue Möglichkeiten für Weiterbildungsangebote. Sich völlig Neues zu erschließen, ist durch flexible Kompetenzaneignung im „Moment of Need” bis hin zum experimentellen Lernen möglich geworden. In einer agilen Arbeitswelt haben klassische Lernformen zwar nicht ausgedient, sie müssen jedoch um neue Ansätze, Formate und Tools ergänzt werden. Vor allem braucht es eine neue Lernkultur sowie ein neues Selbstverständnis von Lernenden und Menschen, die sich weiterbilden. Auch Einrichtungen und Betriebe sind gefordert, um das organisationale Lernen erfolgreich umzusetzen. Digitale Kompetenz zählt zu den Schlüsselkompetenzen für Lebenslanges Lernen. Mitarbeitende in der Hauswirtschaft brauchen in Zukunft Netzkompetenz. Dazu müssen wir sie schulen und weiterbilden. Wir müssen die Mitarbeitenden mit den aktuellen Themen erreichen und sie für die Zukunft der Arbeit fit machen. Unter dem Stichwort „Lebenslanges Lernen in der hauswirtschaftlichen Bildung” lohnt sich ein Blick in die Zukunft für und mit unseren Auszubildenden, Mitarbeitenden und Führungskräften. Durch neue digitale Formate werden angepasste Weiterbildungen am Arbeitsplatz und in den Betrieben Einzug finden. In der aktuellen Bildungsdebatte lesen wir von der Schließung von Hauptschulen, den nicht besetzten Schulleiterstellen sowie von bildungsfernen und bildungsnahen Schichten. Wir nehmen wahr, dass Bildungschancen mit den finanziellen Mitteln des Elternhauses zusammenhängen. Die von Politikern geführte Bildungsdebatte wird häufig rein fachlich oder pädagogisch geführt, zum Beispiel wie Bildungsinhalte pädagogisch sinnvoll mit neuen Medien kombiniert werden. Mitarbeitende brauchen in Zukunft die Kompetenz, digitale Anwendungen im Berufs- und Schulalltag zu nutzen. Mit diesen neuen Formaten der Bildung müssen auch die Zielgruppen in der Hauswirtschaft erreicht werden. Es muss selbstverständlich werden, digitale Weiterbildungsangebote in Betrieben und Schulen zu nutzen. In der betrieblichen Weiterbildung ist es hilfreich, vor allem AdobeStock_Zarya Maxim Neues Lernen – Agiles Lernen Die Arbeitswelt verändert sich. Digitalisierung nimmt Einzug in die Arbeitswelt. Menschen befürchten einen Wegfall von Arbeitsplätzen, wenn Technik die Arbeit von Menschen ersetzt. Anderseits werden Menschen benötigt, die die digitalen Medien nutzen und die technischen Neuerungen bedienen können. Agile Arbeits- und Führungsformen sind in der Arbeitswelt angekommen. Agiles Arbeiten erfordert auch agiles Lernen.

Infodienst 4/22 7 älteren Nutzern Sicherheit zu geben werden. Man kann zum Beispiel Tandems für die Weiterbildungsangebote aus jüngeren und älteren Kolleg*innen bilden. Bildungsinhalte mit Digitalisierung kombinieren Voraussetzung für eine individuelle ganzheitliche Entwicklung hauswirtschaftlicher Mitarbeitenden sind: – Bildungsinhalte fachübergreifend pädagogisch sinnvoll kombinieren – notwendige Kompetenzen für die spätere Arbeits- und Lebenswelt einüben Ein frühzeitiger Aufbau eines persönlichen Lernnetzwerkes sollte bereits bei Kindern und Jugendlichen beginnen und sich im weiteren Leben dynamisch weiterentwickeln. Voraussetzung dafür ist vernetztes Lernen und die Fähigkeit, vernetzen zu lernen. Früh sollten Resilienz- und Empathiefähigkeit aufgebaut werden. Gepaart mit der notwendigen Netzkompetenz erreichen wir durch Bildung zentrale Fähikgeiten, um in digitalen Gesellschaften zu bestehen. Um ein lebenslanges Lernnetzwerk zu erreichen, ist lebenslanges Lernen notwendig. Bildung, um Potenziale entfalten zu können Um ein lebenslanges Lernnetzwerk zu nutzen, sollte mit einer frühen Förderung der erforderlichen Kompetenzen begonnen werden. Menschen sollten die passende Bildung erhalten, um ihr Potenzial voll entfalten zu können. Hierbei gehen Bildungsforscher davon aus, dass traditionelle pädagogische Ansätze mit dieser Denkweise überfordert sind. Sie schlagen vor, erste Schritte zur Öffnung des Bildungssystems zu schaffen. Es können Freiräume an Schulen und Hochschulen geschaffen werden, indem gemeinsam mit den beteiligten Stakeholdern anhand von modernen Formaten alltägliche Probleme bearbeitet werden und nach Lösungen gesucht wird. Neue Formate können langfristig die Zukunft von Bildungseinrichtungen sichern. Neue Formate braucht das Bildungssystem Design-Thinking-Workshops: Sie wurden im Silicon Valley entwickelt und sind eine Methode, um schnellstmöglich Kundenwünsche zu erfüllen. Dieses Format wird interdisziplinär mit Menschen aus verschiedenen Fachrichtungen genutzt, um komplexe Probleme zu lösen. Ideen werden nicht diskutiert und in Frage gestellt, sondern entwickelt, geprüft und dann wird entschieden, ob diese Lösung weiter fortgeführt wird. Barcamps (auch: BarCamp, Ad-hocKonferenz, Unkonferenz): Ein Barcamp ist eine selbstorganisierte offene Tagung oder Konferenz, die bestimmten Prinzipien folgt. Die Teilnehmenden sind selbst aktiv und hören nicht nur zu. Bei Diskussionsrunden und Vorträgen organisieren sie sich selbst und tauschen sich inhaltlich aus. Es entsteht eine Mischung aus kreativem Brainstorming und Zeltlager. Teilweise können aber auch bereits am Ende der Veranstaltung konkrete Ergebnisse vorliegen. Makerspaces sind offene Räume für Menschen, Do-it-yourself-Projekte und neue Ideen. Sie können hier neue Techniken ausprobieren, Erfahrungen austauschen und Mitstreiter für RepairCafés finden oder Menschen, die vielleicht anhand von 3D-Druckern neue Produkte und Lösungen finden. Vielleicht erarbeiten wir mit diesem Format spezielle Kostformen für Menschen mit Kau- und Schluckbeschwerden? Peer-Learning: „Lernen durch Lehren” oder „Peer-Learning” (manchmal auch „Peer-to-Peer-Learning”) bedeutet, dass

sich Mitglieder einer Gruppe gegenseitig Lerninhalte vermitteln. Dieses Prinzip wird häufig in Form von Kleingruppenarbeiten bei Präsenz-Seminaren eingesetzt: Jede Kleingruppe bekommt eine andere Aufgabe, die sie erarbeitet und anschließend der gesamten Gruppe vorträgt. Doch auch in Erfahrungsaustauschgruppen wird die Methode des Peer-Learnings angewandt, beispielsweise im Berufsverband Hauswirtschaft, wenn sich die regionalen Netzwerkgruppen treffen und ein Gruppenmitglied ein Projekt oder seine Einrichtung vorstellt. Late-Night-Learning: Late-NightLearning-Veranstaltungen müssen nicht immer spät in der Nacht stattfinden. Abends allerdings schon – oder zumindest zu einer Zeit, zu der man als „normaler Arbeitnehmer” den Stress des Arbeitstages und anschließender Besorgungen und Verpflichtungen wie Einkaufen, Kinder versorgen, Haushalt „schmeißen” etc. hinter sich lassen und sich wieder auf sich selbst konzentrieren kann. Wer jetzt noch Energie und Muße hat, kann an interessanten OnlineVeranstaltungen sein Wissen auffrischen oder sich mit neuen Ideen anregen lassen. Oder man nimmt an einer Präsenzveranstaltung teil, um sich mit anderen zu treffen. Bei Late-Night-LearningAngeboten werden in maximal zwei Stunden kurz und knapp Informationen zu klar umrissenen Themen angeboten. Die Volkshochschulen bauen seit Jahrzehnten auf dieses Prinzip. Und auch der Berufsverband Hauswirtschaft bietet diese Form an. Blended Learning: Wer nicht ausschließlich aus Büchern lernt, sondern einen Mix aus verschiedenen Informationsquellen nutzt und unterschiedliche Lernformate kombiniert, der praktiziert das „Blended Learning”, frei übersetzt das „gemischte Lernen”. Viele Anbieter der Erwachsenenbildung bieten inzwischen Fort- und Weiterbildungsmöglichkeiten an, die nach diesem Prinzip aufgebaut sind. Lernen mit Selbstorganisation und Eigenverantwortung Auch beim Lernen kommen wir an dem Begriff „agiles Lernen” nicht vorbei. Er ist abgeleitet von dem Konzept der „agilen Arbeit” oder „New Work”. Beim agilen Lernen sollen sich die Rahmenbedingungen bestmöglich an die sich stets verändernde Umgebung und an den Lernenden und die Lehrenden anpassen. Selbstorganisation und Eigenverantwortung der Lernenden prägen die Bildungsarbeit beim agilen Lernen. Hierzu findet Technik in Form von Apps und Learning-Management-Systemen neue Möglichkeiten des adaptierten Lernens. Beim agilen Lernen (Sprintlernen) wird in kleinen Etappen gelernt. Jede Session beginnt mit der Planung, was gelernt und wie dies umgesetzt werden soll und schließt mit einer Ergebnismessung bzw. Reflexion. Meist hat agiles Lernen einen hohen Arbeitsbezug und findet in Kollaboration mit anderen Personen als Social Learning statt. Voraussetzung für diesen Ansatz des agilen Lernens ist eine hohe Selbststeuerungskompetenz auf persönlicher Ebene sowie eine gute Reflexionsfähigkeit. Learning-Management-Systeme und Lernen mit Apps Ein Learning-Management-System (LMS) ist eine Software, die es einer Organisation ermöglicht, Mitarbeiteroder Kundenschulungen zu hosten, bereitzustellen und zu verfolgen. Es wird typischerweise für das Onboarding von neuen Mitarbeitenden (Einführung von neuen Mitarbeitern in dessen neuen Arbeitsbereich) verwendet. Auch bei der Weiterbildung wie Hygieneschulungen, Arbeitssicherheitsschulungen oder Schulungen zur Cyber- und Internetsicherheit in den Einrichtungen sind LMS hilfreich. Oftmals werden Spiele (Gamification) eingesetzt, um Unterhaltungswert und Lerneffekt zu erhöhen. Anhand von Berichten und Analysen kann man sehen, wer den Kurs absolviert hat. Das Lernen ist von verschiedenen Geräten aus möglich (Responsive Design) und besitzt eine intuitive Benutzeroberfläche. Durch einen Kundensupport sind Änderungen und Anpassung möglich – müssen aber möglicherweise bezahlt werden. Anhand von E-Learning-Bewertungswerkzeugen kann man festzustellen, ob es Lernlücken gibt. Mit dem Smartphone kann man effektiv lernen und sich weiterbilden – zwi- schendurch, in der Bahn, auf der Couch, ohne Stress und festen Stundenplan. Qualifizierungen, Sprachen lernen oder Wissen auftanken kann man mit Apps, die entweder kostenlos oder mit monatlicher Pauschale buchbar sind. Die Bandbreite der Online-Bildungsmöglichkeiten ist endlos. Der technische Wandel in der Bildungslandschaft hat sich durch die Veränderungen durch die Corona-Pandemie stark beschleunigt. Lebenslanges Lernen ist und bleibt die Devise. Wenn wir damit aufhören, verlieren wir den Anschluss. Christa Anna Fischer, Redaktionsmitglied Infodienst Infodienst 4/22 8 Bildung Lebenslanges Lernen braucht Schlüsselkompetenzen. In seinen Empfehlungen führt der Europäische Rat acht Schlüsselkompetenzen auf, die für die persönliche Entfaltung, einen gesunden, nachhaltigen Lebensstil, Vermittelbarkeit, aktive Bürgerschaft und soziale Inklusion erforderlich sind: • Lese- und Schreibkompetenz • Mehrsprachigkeit • Mathematische, wissenschaftliche und technische Fähigkeiten • Digitale und technologiebasierte Kompetenzen • Soziale Kompetenz und Fähigkeit, neue Kompetenzen zu erwerben • Aktive Bürgerschaft • Unternehmerische Kompetenz • Kulturbewusstsein und kulturelle Ausdrucksfähigkeit https://education.ec.europa.eu/de/focustopics/improving-quality/key-competences

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