Infodienst 1 / Dezember 2018

Infodienst 1/18 3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Carola Reiner Christa Anna Fischer jahrzehntelang haben wir hauswirtschaftliche Dienstleistungen ausschließlich für und nicht mit unseren Kun- den, Patienten, Bewohnern oder Gästen erbracht. Das meiste vollzog sich in Abwesenheit der Nutzer. Haus- wirtschaftliche Mitarbeiter hatten unsichtbar zu sein und nur da, wo es sich absolut nicht vermeiden lässt, in Erscheinung zu treten. Dies führte vielerorts dazu, dass hauswirtschaftliche Leistungen als selbstverständlich angesehen wurden und nur dann auffielen, wenn etwas nicht so reibungslos und diskret funktionierte. In vielen hauswirtschaftlichen Arbeitsbereichen ist das auch heute noch so, zum Beispiel im Hotel. Das ist auch gut so. Ich möchte nicht dabei sein, wenn mein Hotelzimmer gereinigt wird und möchte es auch nicht selbst tun. Das Aufschütteln von Kissen und Decke und das Zusammenlegen meines Schlafshirts hingegen nehme ich gern selbst in die Hand. In Einrichtungen, in denen Menschen – zumindest zeitweise – wohnen, hat sich die Sichtweise geändert, nicht zuletzt auch durch geänderte gesetzliche Rahmenbedingungen, zum Beispiel durch die Fokussierung der Heimgesetze der Länder auf die Aspekte Teilhabe und Teilgabe. So rückt die Idee, Menschen an der Er- bringung von hauswirtschaftlichen Leistungen zu beteiligen stärker in den Vordergrund. Schaut man sich an, welche positive Wirkung dies auf die Nutzer und auf die Erbringer der hauswirtschaftli- chen Leistungen hat, fragt man sich, warum wir nicht schon viel früher auf diesen Gedanken gekommen sind. Hauswirtschaftliche Leistungen werden so viel intensiver wahrgenommen, finden weniger anonym statt und machen die hauswirtschaftlichen Mitarbeiter sichtbar. Diese wiederum können die positive Wirkung ihres Tuns am Nutzer direkt beobachten, bekommen unmittelbare Rückmeldung und können sehen, wie sie Freude bereiten, Zufriedenheit und Wohlbehagen bringen. Sie haben Erfolgserlebnisse und können stolz auf ihre Leistungen sein. Der Aspekt Teilgabe ist für den einen oder die andere noch schwierig. „Das geht doch viel schneller, wenn ich es selbst mache!“, „Die Bewohner können es nicht richtig“, sind nur zwei Argumente von vielen, mit denen nicht nur hauswirtschaftliche Mitarbeiter, sondern auch manche Führungskraft bewusst oder unbe- wusst die Idee der hauswirtschaftlichen Betreuung blockieren. Unperfekt zu sein, muss man aushalten kön- nen. Einen Schritt zurückgehen, nicht die Leistung, sondern deren Wirkung in den Vordergrund stellen, das sind wir noch nicht gewohnt, das fällt noch schwer. Wir haben lange Jahre dafür gekämpft als „echter“ Beruf verstanden zu werden, haben durch Standards, Qualitätsmanagement und Hauswirtschaftsvisiten unsere Professionalität untermauert und unsere hauswirt- schaftlichen Mitarbeiter darauf getrimmt, nach Plänen und Checklisten zu arbeiten. Soll das nun alles falsch gewesen sein? Nein, sicher nicht. Wir wollen und sollen unsere Standards nicht über den Haufen werfen. Doch wir müssen lernen, aufmerksamer darauf zu achten, was unser Tun bewirkt und auslöst. Dann werden wir schnell sehen, wie wichtig und wohltuend Hauswirtschaft für die Menschen ist. Gönnen wir uns, unseren Mitarbeitern und nicht zuletzt unseren Kunden dieses Erlebnis! Herzlichst Carola Reiner Christa Anna Fischer

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