Infodienst 1 / März 2023

Pläne gegen das Chaos Krisen erkennen und vorbeugen Verbandkasten für Erste Hilfe Krisenmanagement März 2023 Infodienst1 www.berufsverband-hauswirtschaft.de

Infodienst 1/23 3 Editorial Urte Paaßen immer wieder können unvorhergesehene Ereignisse eintreten. Mitte Januar, nach einigen warmen Tagen, zeigte unser Flieder auf dem Balkon die ersten Knospen. Seitdem wandert der Topf in jeder Frostnacht in den Hausflur, damit die jungen Triebe nicht abfrieren – und die Folgen der Wetterkapriolen halten sich in Grenzen. Was im Kleinen wenig Aufwand ist, benötigt im Großen Organisation und Vorbereitung. Wie reagiert man auf einen plötzlichen Stromausfall im Betrieb? Gibt es eine Notstromversorgung und wissen die Mitarbeitenden, wie sie diese in Gang gesetzt wird? Welche Systeme sollen weiterlaufen und welche bleiben ausgeschaltet? Damit angemessen reagiert werden kann, muss jeder und jede wissen was zu tun ist. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie schlecht wir teilweise auf Krisen vorbereitet sind. Persönliche Schutzausrüstung wurde knapp und in den meisten Häusern gab es keine funktionierenden Hygienepläne, um Mitarbeitende, externe Dienstleister und Besucher*innen sicher durch das Haus zu leiten. Wochenlang durften Bewohner*innen von Senioreneinrichtungen keinen Besuch empfangen. Viele Einrichtungen erlebten hohe Krankenstände und konnten den Betrieb kaum aufrechthalten. In großer Eile wurden Testzentren errichtet, um Infektionen frühzeitig zu erkennen und eine Weiterverbreitung des Virus einzudämmen. Die Krisen der vergangenen Jahre haben uns auch gezeigt, dass es kein funktionierendes System gibt, um die Bevölkerung flächendeckend zu warnen. Sirenen sind zum großen Teil abgebaut und ein alternatives System nicht etabliert. Der erste bundesweite Warntag führte vor Augen, wie essentiell es ist, Abläufe unter möglichst realistischen Bedingungen auszuprobieren. So können Fehler behoben werden, bevor der Ernstfall eintritt. In diesem Heft möchten wir auf verschiedene Krisenszenarien eingehen und erläutern, wie ihnen begegnet werden kann. Dabei haben wir versucht, das Thema von ganz verschiedenen Seiten zu beleuchten und viele praktische Hinweise zu geben. In den „Handlungsempfehlung für Senioren- und Pflegeeinrichtungen“ werden Checklisten vorgestellt, mit denen Sie ihre Vorbereitungen auf verschiedene Ereignisse überprüfen können. Sie finden Empfehlungen für ambulante Dienstleister beispielsweise für einen Stromausfall. Etwas weiter geht Carola Reiner, die auf Pandemiepläne, Ausbruchsmanagement sowie Havarien eingeht. Ein Shitstorm in den Sozialen Medien kann persönlich belastend und gleichermaßen folgenschwer für eine Einrichtung sein. Der Beitrag „Sturm im Netz“ gibt hilfreiche Tipps, wie auf Angriffe in den sozialen Medien reagiert werden kann. Sie erfahren auch, was zu tun ist, damit ein heißer Sommer nicht zu einer gesundheitlichen Krise führt. Die Redaktion wünscht Ihnen und Ihren Teams stabile Betriebsabläufe im Jahr 2023. Herzliche Grüße Liebe Leser und Leserinnen, Urte Paaßen

Infodienst 1/23 4 Editorial Mit Dank an unsere Sponsoren: Inhalt 6 Mit dem Notfall rechnen 8 Mit Strategie gegen das Chaos 11 Krisen managen 16 Psychische Krisen erkennen und handeln 19 Gut vorbereitet den Krisen trotzen 20 Sturm im Netz 22 Wenn es dunkel wird 24 Was gehört in den Verbandkasten? 28 Es wird heißer! 30 Bericht von der Präsidiumssitzung 32 Baden-Württemberg 33 Bayern 34 Neue Seminarangebote 35 Politische Arbeit 36 Menschen im Berufsverband 37 Fortbildungen 42 Neue Mitglieder 38 Alltagskompetenz in Schulen erwerben 39 Senioreneinrichtung reduziert Lebensmittelabfälle 40 Die Zukunft ist flexitarisch 41 Auskommen mit dem Einkommen 42 Stellenmarkt, Impressum 3 Aus dem Berufsverband Aus der Berufspraxis Service S. 8 Pläne gegen das Chaos S. 17 Krisen erkennen und vorbeugen S. 24 Verbandkasten für Erste Hilfe Berufsverband Hauswirtschaft auf Facebook Risikomanagement Havarie Interview Führung Pflegeeinrichtung Digitalisierung Ambulante Dienste Erste Hilfe Gesundheit Aktuelles Landesverbände Weiterbildung Deutscher Hauswirtschaftsrat Ihre Ansprechpartner Karriere Wertgeschätzt & willkommen Für Sie kurz notiert Gehört & Gelesen Titelfotos: AdobeStock_elmar gubisch; AdobeStock_sarawutnirothon; AdobeStock_Deen Jacobs; www.dguv.de

Infodienst 1/23 5 Nach langer Pause freuen wir uns darauf, Sie persönlich zu treffen! Wir haben ein interessantes Programmpaket geschnürt: Arbeitssicherheit, Einkauf, Nachhaltigkeit, Ausbildung/Qualifizierung. Wenn Sie z.B. in der Altenhilfe tätig sind ist das Thema „Wer legt das fest? Wie Pflegesätze entstehen und was sie bedeuten“ besonders interessant für Sie. Mit Hinrich Christophers konnten wir dazu einen erfahrenen Rechtsanwalt gewinnen. Der Berufsverband Hauswirtschaft lädt Sie ein, sich praxistauglich und am Puls der Zeit zu informieren, mit den Referent*innen zu diskutieren und sich mit Ihren Kolleg*innen auszutauschen. Zahlreiche Aussteller haben sich angemeldet, die darauf brennen, Sie zu treffen und Ihnen ihre neuen Produkte vorzustellen. Wir sind begeistert, dass sie unsere Jahrestagung wieder als die passende Plattform dazu nutzen! Wir wissen, dass viele von Ihnen sich nur für einen Tag im Betrieb ausklinken können. Daher bieten wir ab jetzt auch an, sich nur für einen Tag anzumelden. Tagungsort: GenoHotel Baunatal GmbH, Schulze-Delitzsch-Straße 2, 34225 Baunatal Die detaillierten Informationen und den dazugehörigen Link zur Anmeldung finden Sie unter: https://www.berufsverband-hauswirtschaft.de/der-verband/jahrestagung/jahrestagung-2023/ Leserbriefe zum Infodienst 4/2022 mit dem Schwerpunktthema „Qualifizierung” Liebes Redaktionsteam, mit Begeisterung habe ich sämtliche Beiträge des Infodienstes zum Schwerpunktthema Qualifizierung gelesen. Euer hervorragendes Konzept berücksichtigt umfassend die aktuellen Qualifizierungsaspekte von unterschiedlichen Zielgruppen in der hauswirtschaftlichen Community: die Qualifizierung Angelernter, die Erstausbildung mit ihren neuen Schwerpunkten seit 2020, die Weiterbildung auf der Managementebene bis hin zur Vorstellung eines geplanten Dissertationsvorhabens. Auch die Präsentation verschiedener Bildungsformate im Infodienst – von der Verbundausbildung, über Lern-Apps und OnlineWeiterbildung zu Fernlehrgängen und kombinierten Formaten – zeigt, dass hauswirtschaftliche Bildung den richtigen Weg eingeschlagen hat. Ich als digital immigrant sehe es mit Freude, dass es in der Hauswirtschaftlich digital natives gibt, die die Anforderungen an eine digitalisierte Arbeitswelt umsetzen können. Herzlichen Glückwunsch also zu dieser ausgezeichneten Infodienst-Ausgabe. Weiter so! Karin Beuting-Lampe seit 2020 im Ruhestand, aber noch stille Beobachterin des hauswirtschaftlichen Bildungsgeschehens Heute eine Rückmeldung zum Infodienst Nr. 4: ein sehr gelungenes Heft! Ganz besonders gut hat mir das Interview mit Lena Heinze gefallen. Ihre Sicht auf die Hauswirtschaft sollte für die Akteuer:innen wegweisend werden. Ganz besonders Ihre Bewertung zur Ausbildung der Fachpraktiker:innen! Ich wünsche mir, dass Frau Heinze Zeit findet, sich in die Diskussionen der Verbände einzubringen und so eine „Neue Hauswirtschaft” zeitnah mitzugestalten. Christina Hohmann-Schaub Vorsitzende des Berufsverbandes Hauswirtschaft von 2002 bis 2008

6 Infodienst 1/23 Um mögliche Bedrohungen und Notfälle sollten sich Führungskräfte nicht nur aus betriebswirtschaftlichen und ethischen Erwägungen kümmern, sondern auch aus rechtlichen Gründen. In den verschiedensten Regelungen zum Arbeitsschutz leiten sich bereits Anforderungen für Betriebe ab. Es gibt bereits ein umfassendes Gesetzes- und Regelwerk, das eine Betrachtung zum Umgang mit Bedrohungen und Notfällen im Unternehmen einfordert. Dazu gehören zum Beispiel das Arbeitsschutzgesetz, die Betriebssicherheitsverordnung, die Unfallverhütungsvorschriften, die Arbeitsstättenregeln, die DIN ISO 45001 „Managementsystem für Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit” oder die VDI-Richtlinie 4062 „Gefahrenabwehr bei lebensbedrohlichen Gewalttaten”. Zu einer erfolgreichen Führung gehört eine vorausschauende und vorsorgende Führung. Bestandteile klassischer Führungsaufgaben sind: • Die Bedrohungen (und auch Chancen) für das Unternehmen identifizieren. • Die Risiken beurteilen und steuern. • Die Handlungsziele unter Berücksichtigung der Risiken festlegen. • Die Maßnahmen entsprechend der Handlungsziele gemeinsam mit den Führungskräften und Beschäftigten planen, umsetzen und jeweils kommunizieren. • Die Maßnahmen und deren Anwendung vorleben. • Die Wirksamkeit der Maßnahmen überprüfen und Prozesse verbessern. Bedrohungen und eventuell eingetretene Notfälle sind ein Bestandteil der Risiken für Unternehmen und Betriebe, die – wie beispielsweise die Coronakrise zeigte – existenzbedrohend sein können. Deswegen sollten Verantwortliche in Betrieben auch einschätzen, welche Bedrohungen für das Unternehmen und die Abläufe bestehen können, welche Risiken vorhanden sind und wie sie sinnvollerweise sowie angemessen damit umgehen können. Die Führungskraft sollte dabei zwei Aspekte beachten: 1. Informationen sind die Grundlage für Entscheidungen. Dazu gehört es, sich einen Überblick über mögliche Bedrohungen und Notfälle für den Betrieb zu verschaffen und Handwerkszeug anzueignen, mit dem man die Situation im Unternehmen einschätzen und beurteilen kann. 2. Im Unternehmen muss deutlich werden, dass das Thema Bedrohungen und Notfälle relevant ist. Wenn Führungskräfte und Beschäftigte, aber auch Fremdfirmen, mitziehen sollen, muss das Thema Bedrohungen und Notfälle kommuniziert werden und die Bedeutung immer wieder unterstrichen werden. Ziele und Erwartungen müssen konkret formuliert werden. Es muss erklärt werden, worum es geht und dass das Thema gemeinsam mit Führungskräften und Beschäftigten bearbeitet werden soll. Es muss deutlich werden, dass Prävention im Hinblick auf Bedrohungen und Notfälle ein wichtiges Mit dem Notfall rechnen Unvorhergesehene Ereignisse, Bedrohungen und Notfälle kommen oft schneller als erwartet und können Betriebe und Unternehmen plötzlich vor große Herausforderungen stellen. Die gesetzliche Unfallversicherung VBG hat einen Leitfaden veröffentlicht, der hilft, Risiken frühzeitig zu erkennen und beschreibt, wie man angemessen damit umgehen kann. Hier einige Informationen aus der Broschüre. Risikomanagement Bedrohung: Potenzielle Quelle eines Risikos, die zu einer ungünstigen Entwicklung führen kann. Das Gegenteil der Bedrohung ist die Chance. Gefahr: Potenzielle Quelle eines Risikos, die zu einem plötzlich eintretenden Schadensereignis führen kann. Gefährdung: Gefahr, die sich negativ auf Personen (auch Sachen oder Ziele) auswirken kann. Risiko: Die Kombination aus der Wahrscheinlichkeit und Häufigkeit, mit der ein Schaden auftritt, und dem Ausmaß dieses Schadens. Risiko ist eine spezielle Form der Unsicherheit oder Unwägbarkeit. Die Auswirkungen können positiv oder negativ sein. Zwischenfall: Ein Zwischenfall ist ein Ereignis mit einem geringen Schadensausmaß (Störung). Zwischenfälle können in der Regel im allgemeinen Tagesgeschäft behoben werden. Sie können sich jedoch auch zu einem Notfall ausweiten. Zwischenfälle kommen relativ häufig vor. Notfall: Ein Notfall ist ein Ereignis mit hohem Schadensausmaß. Notfälle können sich zu einer Katastrophe ausweiten. Notfälle treten nur selten auf. Katastrophe: Eine Katastrophe ist ein Ereignis mit extremem Schadensausmaß, das stark über die Ausmaße von Schadensereignissen hinausgeht und dabei Leben, Gesundheit, Sachgüter oder wichtige Infrastrukturen erheblich gefährdet oder zerstört. Katastrophen kommen äußerst selten vor.

Infodienst 1/23 7 VBG Fachwissen Instrument und Besta dteil der Unternehmenskultur ist. Es empfiehlt sich, die Prozesse zum Umgang mit Risiken durch Bedrohungen und Notfälle im Unternehmen festzulegen. Dieser Umgang mit Risiken im Sinne eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses umfasst zum einen die Prävention gegen Bedrohungen im Unternehmen und zum anderen die Notfallorganisation. Der systematische Umgang mit Risiken besteht aus folgenden Bausteinen: • Umgang mit Risiken als Führungsaufgabe • Risikoidentifikation und Bedrohungsszenarien: Was könnte dem Unternehmen schaden? • Risikoanalyse und -bewertung: Risiken analysieren und bewerten sowie präventive Maßnahmen für die wesentlichen Bedrohungen und Notfälle entwickeln • Risiken steuern und Maßnahmen festlegen, umsetzen und verbessern • Notfallorganisation – gut organisiert den Ernstfall meistern • In großen Unternehmen: Krisen- und Kontinuitätsmanagement Der erste Schritt der Risikobewertung ist die Identifizierung der möglichen Bedrohungen, die auf einen Betrieb einwirken können und zu Notfällen führen könnten. Folgende beispielhafte Liste von Bedrohungen kann helfen, im eigenen Betrieb entsprechende Risiken zu identifizieren. Technische Bedrohungen: Brandereignis, Stromausfall, Freisetzung von Chemikalien, Explosion, Flugzeugabsturz/ Zugentgleisung in Betriebsnähe, Tagesbruch (in Bergbaugebieten), Ausfall der Wasserversorgung Bedrohungen durch Naturereignisse: Hochwasser/Sturmflut, Starkregen/Hagel, Sturm/Tornado, Blitzeinschlag, Hangrutsch/Lawine, Erdbeben Bedrohung der Gesundheit: Lebensmittelvergiftung, Epidemie/Pandemie (zum Beispiel Grippe), Hitze-/Kältewelle, Amoklauf, Bomben-/Brandanschlag, Geiselnahme, Säureanschlag, Erpressung, Raubüberfall, Vergiftung/Anthrax, Terroranschlag, Mord, Körperverletzung, Bestechung, Mobbing Bedrohung von Sachwerten (durch Menschen): Diebstahl, Einbruch, Hackerangriff, Datendiebstahl, Spionage, Sabotage, Vandalismus, Gezielte Zerstörung, Erpressung (zum Beispiel IT), Raubüberfall, Manipulation von Daten/ Fälschung. In der Broschüre „Umgang mit Bedrohungen und Notfällen – Risiken kennen und angemessen handeln” werden auf 72 Seiten alle Schritte eines Risikomanagements erläutert. Herausgegeben ist die Broschüre von der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) in Zusammenarbeit mit der Stiftung „Mittelstand – Gesellschaft – Verantwortung”. Die Veröffentlichung kann kostenlos heruntergeladen werden unter www.vbg.de (Suche: Umgang mit Bedrohungen und Notfällen) Die Liste an möglichen Bedrohungen ist lang. Jede Führungskraft sollte sich einen Überblick über mögliche Risiken für ihren Betrieb verschaffen.

Ein Havarieplan regelt was bei einem Auftreten eines „Unfalls größeren Ausmaßes” zu tun ist. Es gilt, die Maßnahmen, die dann zu ergreifen sind, vorher gut zu überlegen und im Team abzusprechen. Arbeiten Sie dafür am besten mit allen verantwortlichen Stellen in der Einrichtung zusammen sowie in Absprache mit Externen wie der Feuerwehr, dem Gesundheitsamt, dem Technischen Hilfswerk (THW) und dem Deutschen Roten Kreuz (DRK). Die Maßnahmen für den Havarieplan werden am besten in einem Qualitätszirkel mit Führungskräften der verschiedenen Bereiche einer Einrichtung festgelegt. Dazu gehören – Hauswirtschaftsleitung – Leitung technischer Dienst – Einrichtungsleitung – Hygiene- und Qualitätsbeauftragte/r – Pflegedienstleitung – Pädagogische Leitung – Leitung Sozialdienst In den Havarieplänen sind die im Notfall zu ergreifenden Maßnahmen beschrieben. Sie können ohne Zeitverzug unverzüglich eingeleitet und durchgeführt werden. Diskussionen und Nachfragen werden vermieden. Mitarbeitende erhalten die größtmögliche Handlungssicherheit. Folgeschäden durch falsches Handeln oder Zögern werden verhindert. Wenn klar ist, wer wofür zuständig und verantwortlich ist, kann im Ernstfall schnell und sicher gehandelt werden. Selbstverständlich setzt das Funktionieren von Havarieplänen voraus, dass die Mitarbeitenden entsprechend informiert, eingewiesen und geschult sind. Die Havariepläne müssen so aufbewahrt werden, dass sie jederzeit zugänglich sind und stets aktuell gehalten werden. Ein Havarieplan sollte mindestens Regelungen für die folgenden Notfallsituationen beinhalten: – Auftreten von meldepflichtigen Infektionskrankheiten (nach IfSG) in hohem Maße – Ausfall von einer Vielzahl von Mitarbeiter/innen (z.B. durch Krankheit) – Schließung der Küche durch die Lebensmittelüberwachung – massiver Schädlingsbefall im Küchen- oder Lagerbereich – Engpässe bzgl. der Wasser-, Strom-, Gasversorgung – Ausfall von Küchengeräten Beispiele für Havariepläne als Arbeitsgrundlage Die folgenden Beispiele für Havariepläne stammen aus unterschiedlichen Einrichtungen und folgen daher keinem festgelegten Schema. Sie können auf die Gegebenheiten der jeweiligen Einrichtung abgestimmt werden. Beispiel: Auftreten von meldepflichtigen Infektionskrankheiten Ziel: Durch die Festlegung der Verfahrensweise soll – die Übertragung und Ausbreitung von Infektionen in Zusammenarbeit mit den Behörden verhindert werden. – die zuständige Behörde korrekt und zeitnah informiert werden. – die Eigenverantwortung der Einrichtung wahrgenommen werden. – die gesetzlichen Forderungen eingehalten werden. Verantwortlich für das Verfahren ist die Einrichtungsleitung. Durchführung: Das Verfahren wird durchgeführt von der Einrichtungsleitung und der verantwortlichen Pflegefachkraft sowie den im jeweiligen Standard genannten beteiligten Personen. Verfahrensweise: – Sofortmaßnahmen/laufende Maßnahmen gemäß Standard im Hygieneplan. – Ist der Verdacht, die Erkrankung oder der Tod an einer meldepflichtigen Infektionskrankheit nicht primär vom Arzt oder Labor gemeldet worden, dann erfolgt die Meldung durch die Leitung des Alten- und Pflegeheimes oder die Pflegefachkraft innerhalb von 24 Stunden an das zuständige Gesundheitsamt. – Die Meldung erfolgt auf dem Meldeformular per Scan an das zuständige Gesundheitsamt. – Besondere Sorgfalt gilt es beim Vergleich und Erkennen von Krankheitsverläufen mehrerer Bewohner zu üben, um Erkrankungen zu melden, bei denen ein epidemischer Zusammenhang wahrscheinlich ist oder vermutet wird. – Die Einrichtung stellt sicher, dass die Meldung erfolgt. Dokumentation: Alle Vorgänge sind zu dokumentieren. Infodienst 1/23 8 Havarie Mit Strategie gegen das Chaos In Notsituationen ist schnelles Handeln gefragt. Auch wenn ein wichtiges Küchengerät oder gar der Strom ausfällt oder ein Teil der Belegschaft erkrankt, müssen soziale Einrichtungen, in denen Menschen leben, handlungsfähig bleiben. Ein Havarieplan kann helfen, die Situation zu managen. AdobeStock_sarawutnirothon

Beispiel: Mitarbeiterausfälle in der Küche Ist durch Krankheit der Mitarbeitenden (z.B. durch Lebensmittelinfektionen, Grippewelle) der Ablauf in der Küche so gestört, dass eine ordnungsgemäße Sicherstellung der Lebensmittelversorgung in der Einrichtung nicht mehr möglich ist, so treten die folgenden Maßnahmen in Kraft: (siehe Kasten oben links) Qualifizierte Küchenkräfte sind rar gesät – auch bei Zeitarbeits- und Catering-Firmen. Informieren Sie sich vor Erstellung des Havarieplans über das Angebot und die Reaktionszeiten von Zeitarbeitsfirmen und CateringUnternehmen. Informieren Sie sich außerdem, ob für Ihren Standort ein regionaler Pandemieplan existiert und welche Regelungen dieser vorsieht. Infodienst 1/23 9 Verhalten bei Mitarbeiterausfällen in der Küche Informationsweitergabe – Die Küchenleitung informiert die Einrichtungsleitung sowie die Hygienebeauftragte und die QM-Beauftragte. – Die Einrichtungsleitung informiert die Pflegedienstleitung und den (Heim-)Beirat sowie das zuständige Gesundheitsamt. Einsatz von Personal aus dem eigenen Haus – Die Einrichtungsleitung, Küchenleitung, Hygienebeauftragte, QM-Beauftragte und Pflegedienstleitung prüfen, ob eine Besetzung der Küche mit „küchenfremdem“ Personal aus anderen Bereichen der Einrichtungen – insbesondere aus der Hauswirtschaft – möglich ist. – Die Hygienebeauftragte prüft, ob bei den betreffenden Mitarbeitern Folgebelehrungen nach IfSG notwendig sind. – Der Speiseplan wird auf ein Menü im Mittagessensangebot heruntergefahren. Die Einrichtungsleitung informiert den (Heim-) Beirat und die Bewohner darüber. – Sind Küchenleitung und Stellvertretung von der Krankheitswelle betroffen, wird eine Leitung aus dem Team benannt. Einsatz von Personal aus anderen Einrichtungen – Sind die oben genannten Maßnahmen nicht durchführbar, wird der Einsatz von Personal aus den anderen Einrichtungen des Trägers geprüft. – Dies ist Aufgabe der Einrichtungsleitung. Einsatz von fremdem Personal – Ist kein anderer Einsatz möglich, werden die erforderlichen Stellen der Küche durch Mitarbeiter einer Zeitarbeitsfirma besetzt. – Dies geschieht auf Veranlassung der Einrichtungsleitung. Versorgung durch eine andere Küche des Trägers – Sind keine (oder nicht in ausreichender Anzahl) entsprechend qualifizierte Mitarbeiter der Zeitarbeitsfirma verfügbar, veranlasst die Einrichtungsleitung, dass die Einrichtung durch die Küche einer anderen Einrichtung des Trägers versorgt wird. Versorgung durch einen Dienstleister – Ist auch dies nicht möglich, veranlasst die Einrichtungsleitung die Versorgung der Einrichtung durch ein Cateringunternehmen. Versorgung der Einrichtung durch das THW – Sind aufgrund einer Pandemie all die genannten Optionen nicht möglich, veranlasst die Einrichtungsleitung die Versorgung der Einrichtung durch das THW. Verhaltensplan bei Verunreinigung des Trinkwassers Information – Die Küchenleitung oder die technische Leitung informiert die Einrichtungsleitung. – Die Einrichtungsleitung informiert Hauswirtschaftsleitung, Pflegedienstleitung, Hygienebeauftragte, QM-Beauftragte und den (Heim-)Beirat sowie das zuständige Gesundheitsamt. Sofortmaßnahmen – Die Einrichtungsleitung veranlasst die Versorgung der Einrichtung mit Trinkwasser durch das THW. – Die Versorgung mit Getränken ist für drei Tage gewährleistet. Die Küchenleitung veranlasst die Beschaffung von weiteren Getränken für die Folgetage. – Für maximal einen Tag wird bei der Speisen- und Getränkeversorgung Einmalgeschirr eingesetzt. – Bei Befall des Trinkwassers mit Legionellen wird ein Duschverbot ausgesprochen bis die Ersatz-Versorgung gewährleistet ist. – Bei Befall des Trinkwassers mit Kolibakterien wird ein Entnahmeverbot von Wasser zum Trinken oder zur Zubereitung von Speisen ausgesprochen, bis die Ersatzversorgung durch das THW gewährleistet ist. – Die Bearbeitung der Schmutzwäsche inklusive Reinigungstextilien wird durch eine Wäscherei übernommen. Weitere Maßnahmen – Ist eine Ersatzversorgung durch das THW nur eingeschränkt möglich, wird die Ersatzversorgung für die Körperpflege und die Reinigung verwendet. – Für die Versorgung mit Speisen und Getränken veranlasst die Einrichtungsleitung, dass dies durch die Küche einer anderen Einrichtung des Trägers geschieht. Versorgung der Einrichtung durch einen Dienstleister – Ist die Versorgung der Einrichtung durch eine andere Einrichtung des Trägers nicht möglich, veranlasst die Einrichtungsleitung die Versorgung durch ein CateringUnternehmen. Versorgung der Einrichtung durch das THW – Ist auch dies nicht möglich, veranlasst die Einrichtungsleitung die Komplett-Versorgung der Einrichtung durch das THW. Absprachen mit dem Gesundheitsamt – Weitere Maßnahmen sowie die Aufhebung der Sperrung der Trinkwasserversorgung werden mit dem zuständigen Gesundheitsamt abgesprochen.

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