Infodienst 2 / Juni 2022

Ministerin unterstützt Hauswirtschaft Gerechtere Gesellschaft durch Hauswirtschaft Hauswirtschaft und Pflege Hand in Hand Hauswirtschaftskongress Juni 2022 Infodienst2 www.berufsverband-hauswirtschaft.de

Infodienst 2/22 3 Editorial Ursula Neugebauer wie lange waren persönliche Treffen nicht möglich? Umso inspirierender war es, sich jetzt in den großzügigen Räumlichkeiten des Tagungszentrums Schloss Herrenhausen in Hannover mit so vielen Teilnehmer*innen im Rahmen des zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongresses wieder persönlich begegnen zu können. Ich hätte gerne das Wort „ungezwungen“ benutzt, aber ich glaube, nicht nur bei mir war zum Start der Veranstaltung noch eine gewisse innere Scheu zu spüren, die sich aber im Laufe der interessanten Veranstaltung langsam legte. Die Begegnungen, die Gespräche und Diskussionen waren intensiv und rege. Der Deutsche Hauswirtschaftsrat kann voller Stolz fast 400 Kongressbesucher*innen vermelden, die zum zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongress mit dem Motto „Hauswirtschaft: relevant. nachhaltig. sicher“ kamen. Der Berufsverband Hauswirtschaft war gut vertreten. Dies zeigt, dass die Mitglieder bereit sind, Zukunft zu gestalten – gesellschaftlich und berufspolitisch. Engagierte aus der Hauswirtschaft, aus Politik und Gesellschaft, aus Praxis und Wissenschaft diskutierten zwei Tage lang im Tagungshaus Schloss Herrenhausen in Hannover, wie man professionelle Hauswirtschaft zukunftsfähig machen kann. Unsere seit vielen Jahren immer wieder gestellte Forderung, dass Hauswirtschaft und Pflege auf Augenhöhe zusammenarbeiten müssen, wird im Interview mit Annemarie Fajardo, Vizepräsidentin des Deutschen Pflegerates, mit dem Begriff Kompetenzpartnerschaft endlich auch wahrgenommen. Leider fehlen immer noch die Wertschätzung und das Bewusstsein für die gesellschaftliche Bedeutung der Hauswirtschaft. Besonders betroffen sind die neuen Bundesländer, wo Hauswirtschaft beruflich traditionell nicht existierte. Mit einem Bericht aus der Praxis erhalten Sie, liebe Leser*innen, einen Einblick in die Arbeit eines hauswirtschaftlichen Dienstleistungsunternehmens in Chemnitz und somit auch in die Situation der Hauswirtschaft in Sachsen. Mit diesem aktuellen Infodienst haben Sie die Chance, Teile des Kongresses Revue passieren zu lassen, zu vertiefen und weiterzudenken. Wenn Sie nicht teilnehmen konnten, haben Sie mit diesem Infodienst die Möglichkeit, sich mit dem Thema der gesellschaftlichen Relevanz nachhaltiger Hauswirtschaft auseinanderzusetzen. Unter „Service“ auf der Homepage des zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongresses (www.hauswirtschaftskongress.de) können Sie einige Vorträge nachhören und nachlesen. Viel Spaß beim Lesen und sammeln von Argumenten für das bessere Standing der Hauswirtschaft in der Praxis! Liebe Grüße Liebe Leser und Leserinnen, Ursula Neugebauer

Infodienst 2/22 4 Editorial Mit Dank an unsere Sponsoren: Inhalt 6 Bereit für die Zukunft 8 Lobby, Kompetenz und Partner 11 Keine nachhaltige Zukunft ohne Hauswirtschaft 16 Die Verantwortlichen von morgen 17 „Ich finde es super, Wissen weiter zu geben” 18 „Hauswirtschaft ist der schönste Beruf, den es gibt” 21 Wirtschaft ist Care! 23 Yes we care – aber zu welchen Bedingungen? 24 Hand in Hand 26 Im Team für mehr Lebensqualität 28 QUALIFIZIERUNG !! 30 Sauberkeit sichtbar machen 32 Ehrenamt und Hauptamt neu organisieren 33 Präsidiumssitzungen 34 Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen 35 Rhein/Ruhr/Niederrhein 36 Meisterlehrgang ab Herbst in Koblenz 37 Neuer Vorstand 38 Menschen im Berufsverband 39 Fortbildungen 40 Neue Vernetzungsstelle Hauswirtschaft 41 Nachhaltigkeitsmanagement 42 Neue Mitglieder, Impressum, Stellenmarkt 3 Aus dem Berufsverband Aus der Berufspraxis Service S. 6 Ministerin unterstützt Hauswirtschaft S. 8 Gerechtere Gesellschaft durch Hauswirtschaft S. 24 Hauswirtschaft und Pflege Hand in Hand Berufsverband Hauswirtschaft auf Facebook Hauswirtschaftskongress Interview Gesellschaft Junge Hauswirtschaft Dienstleistung Hauswirtschaftskongress Interview Hauswirtschaftskongress Hygiene Mitgliederversammlung Aktuelles Landesverbände Netzwerk Aktuelles Ihre Ansprechpartner Karriere Für Sie kurz notiert Gehört & Gelesen Wertgeschätzt & willkommen Titelfotos: Beatrix Flatt; clipdealer Fotos: B. Flatt, rhw management

Infodienst 4/21 5 Zahlreiche Firmen und Unternehmen, Organisationen und Verbände präsentierten sich auf dem zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongress, an dem etwa 50 Mitglieder des Berufsverbandes Hauswirtschaft teilnahmen. Ingrid Aumaier-Sauereisen, Tanja Söhlbrand, Präsidentin, und Patrick Herrmann, Vizepräsident (von links), kamen am Stand des Berufsverbandes Hauswirtschaft mit vielen Kongressbesucher*innen ins Gespräch. Unten einige Fotos von Ausstellern und Sponsoren des Kongresses.

6 Infodienst 2/22 Die professionelle Hauswirtschaft präsentierte sich selbstbewusst und als kompetente Gesprächspartnerin. Sie ist bereit für neue Kooperationen und Kompetenzpartnerschaften. In allen Vorträgen, Workshops und Diskussionen wurde deutlich: Ohne Hauswirtschaft ist eine nachhaltige Gesellschaft nicht möglich, denn professionelle Hauswirtschaft ist relevant, nachhaltig und sicher. „Hauswirtschaft ist mittendrin”, so Sigried Boldajipour in ihrer Begrüßung. „Die aktuellen Krisen – von Klima über Corona bis zu Krieg – lassen sich ohne Hauswirtschaft nicht bewältigen. Nur gemeinsam mit anderen Professionen können wir auch in Zukunft die Lebensqualität der Menschen sichern.” Die Schirmherrin des Kongresses Barbara Otte-Kinast, Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Niedersachsen stellte klar: „Hauswirtschaft ist ein Grundpfeiler unserer Gesellschaft. Das war gestern so, ist es heute und wird es auch in Zukunft sein.“ Sie möchte die professionelle Hauswirtschaft stärken und sich dafür einsetzen, dass Hauswirtschaft ein Zukunftsberuf wird. Dieses „gemeinsam” zog sich durch den ganzen Kongress. Die Branche scheint bereit für Kooperationen zu sein, da sie auch immer mehr ihren eigenen Standpunkt findet. Andere Berufsgruppen nehmen die professionelle Hauswirtschaft immer mehr als kompetente Partnerin wahr. Damit die Lebensqualität von Menschen gesichert werden kann, braucht es die Hauswirtschaft. Wohnen ist eben mehr als eine Unterkunft zu haben, Essen ist mehr als Nahrungsaufnahme und ältere Menschen mit Pflegebedarf brauchen mehr als Pflege. Bernhard Slatosch, beim Caritasverband der Diözese Rottenburg-Stuttgart zuständig für Personalpolitik, bezeichnete Mitarbeitende in der Hauswirtschaft als „Garantinnen und Garanten von Menschenwürde und Lebensqualität.” Anja Köchermann, verantwortlich für die Kita- und Schulverpflegung der Stadt Göttingen, betonte, dass es bei der Verpflegung von Kindern und Jugendlichen nicht nur darum gehe, ein Essen zu liefern. Entscheidend sei, wie das Essen zum Kind komme und wer alle Fragen rund um das Thema managt. Sie hält hauswirtschaftliche Fachkompetenz für notwendig, um Fürsorgepflicht, den Bildungsauftrag mit Vorbildfunktion und die Verantwortung als Lebensmittelunternehmung erfüllen zu können. Bereit für die Zukunft Unter dem Motto „Hauswirtschaft: relevant. nachhaltig. sicher” trafen sich Anfang Mai knapp 400 Verantwortliche aus der Hauswirtschaft und angrenzenden Professionen, aus Politik und Gesellschaft sowie aus Praxis und Wissenschaft im Tagungshaus Schloss Herrenhausen in Hannover. Es war der Branchentreff der Hauswirtschaft, auf dem Zukunft gedacht wurde und neue Netzwerke geknüpft wurden.

Nachhaltigkeit als Teil des Managements Dass Hauswirtschaft und Nachhaltigkeit zusammengehören, ist unumstritten. Dr. Elke Moormann, Expertin für Nachhaltigkeitsmanagement im Dienstleistungsbereich, stellte in ihrem Vortrag klar, dass es aber bei Nachhaltigkeit nicht nur um Umweltschutz gehe, sondern eine nachhaltige Entwicklung berücksichtige drei Aspekte: Ökologie, Ökonomie und Soziales. Dabei gehe es nicht darum, dass hauswirtschaftliche Dienstleistungen in sozialen Einrichtungen einzelne Projekte oder Maßnahmen realisieren, sondern es braucht ein Nachhaltigkeitsmanagement, das fest im Betrieb verankert ist. Nachhaltigkeitsmanagement heißt für Moormann nicht, dass ein Unternehmen Profit erwirtschaftet, um diesen dann für gesellschaftliches Engagement oder Nachhaltigkeitsprojekte zu spenden. Nachhaltigkeit sollte nicht als etwas Besonderes gesehen werden, das „on top” kommt, sondern als Teil des betrieblichen Alltags selbstverständlich werden. „Hauswirtschaftliche Dienstleistungsbetriebe brauchen ein Management, das in der Konsequenz eine nachhaltige Entwicklung berücksichtigt.” Voraussetzung für eine erfolgreiche Einführung sei, dass die Träger sozialer Einrichtungen Nachhaltigkeitsmanagement aktiv unterstützen und auch Ressourcen dafür zur Verfügung stellen. Ziel ist es, dass das Nachhaltigkeitsmanagement als Teil des Managements ganz selbstverständlich wird. Die digitale Revolution – Alltag im Wandel Dr. Sascha Skorupka, Professor an der Hochschule Fulda, erläuterte in seinem Vortrag, wie sich unser Alltag durch Digitalisierung bereits fundamental verändert hat. Digitalisierung und Vernetzung haben die ganze Art, wie wir leben und arbeiten, wie wir lernen und spielen, wie wir einkaufen und miteinander Geschäfte machen, wie wir uns unterhalten, insbesondere aber die Art, wie wir kommunizieren grundsätzlich verändert. „Diese Veränderungen lassen sich nicht stoppen oder rückgängig machen”, stellt Skorupka klar. Es bleibt nur die Möglichkeit, die Herausforderungen anzunehmen und sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Er spannte in seinem Vortrag den Bogen von der Digitalisierung (Umwandlungen von analogen in digitale Signale oder Werte) über Daten, die Vernetzung der Daten, Internet, den Wandel im Alltag bis hin zur Sicherheit im Netz. Die Datenmenge nimmt ständig zu und auf alle verfügbaren Daten lässt sich von jedem Ort aus in Echtzeit zugreifen. Das bietet Chancen zum Beispiel im Bereich Smart-Home-Technologie, um den Einsatz von Energie zu optimieren, bietet aber auch Risiken, wenn man zum Beispiel an Überwachung denkt. Skorupka ging in seinem Vortrag auch auf das Thema Cybersicherheit oder Hass im Netz ein. Er appellierte an die Teilnehmenden des Hauswirtschaftskongresses, nicht nur die Risiken zu sehen, sondern die Chancen und Herausforderungen anzunehmen. „Wir sind mittendrin in der Digitalisierung.” Beatrix Flatt Infodienst 2/22 7 Fotos: B. Flatt Linke Seite: Die Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates Sigried Boldajipour (rechts) begrüßt Barbara Otte-Kinast, Ministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz in Niedersachsen und Schirmherrin des zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongresses. Rechte Seite: Begeisterte Teilnehmende applaudieren (oben). Der Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Hauswirtschaft: Martina Schäfer, Prof. Sascha Skorupka und Prof. Angelika Sennlaub (linkes Foto, von links). Fröhliche Gesichter auf dem Tagungsfest in Hannover.

Wie geht es Ihnen eine Woche nach dem Zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongress? Ich bin sehr zufrieden. Ich bin vor allem zufrieden, da es so viele positive Rückmeldungen von unterschiedlichen Seiten gab – sowohl aus dem Vorstand des Deutschen Hauswirtschaftsrates als auch von den Teilnehmenden. Besonders positiv wurde wahrgenommen, dass so viele junge Menschen den Kongress besucht haben. Und wie haben die jungen Menschen selbst den Kongress erlebt? Auch die Teilnehmenden, die noch in der Aus- oder Weiterbildung oder am Anfang ihrer Berufstätigkeit sind, waren sehr zufrieden. Allerdings wunderten sie sich, dass die Aussteller sie nicht so ernst genommen hätten. Es kam häufiger die Rückmeldung, dass sie nicht als zukünftige Manager*innen, Führungskräfte oder Einkäufer*innen wahrgenommen wurden. Was war für Sie das Highlight? Ich habe mich sehr gefreut, dass die Hauswirtschaft in diesen ansprechenden Räumen und in diesem würdigen Rahmen tagen konnte. Das ist für das Selbstverständnis, das Image und die Wahrnehmung der Hauswirtschaft sehr wichtig. Gefreut habe ich mich auch, dass der rote Faden, den wir für diesen Kongress entwickelt haben, funktioniert hat. Im Grunde hat sich dieser Faden vom ersten Hauswirtschaftskongress 2019 zum diesjährigen Hauswirtschaftskongress weitergesponnen. Ein Höhepunkt war für mich die Abschlussdiskussion mit Vertreter*innen der angrenzenden Professionen, die eng mit Hauswirtschaft zusammenarbeiten, sowie des Deutschen Gewerkschaftsbundes und der Politik. Konkrete Ergebnisse konnten wir hier nicht erwarten, aber allein die Zusammensetzung des Podiums war schon ein Statement. Das wurde auch in Berlin so wahrgenommen. Es gab eine Resonanz von Mitgliedern des Bundestages. Nach der Diskussionsrunde zum Abschluss des Kongresses bekamen wir Gesprächsangebote zum Thema haushaltsnahe Dienstleistungen von drei Parteien. Das ist doch ein großer Erfolg. Ein Schlagwort des Kongresses lautete „Kompetenzpartnerschaft“? Können Sie das erläutern? Es gibt eine Absichtserklärung des Deutschen Hauswirtschaftsrates und des Deutschen Pflegerates, die bereits gute Zusammenarbeit beider Organisationen zu einer Kompetenzpartnerschaft auszubauen. Annemarie Fajardo, Vizepräsidentin des Deutschen Pflegerates, hat sehr konkrete Vorstellungen, wie diese Kompetenzpartnerschaft aussehen könnte, die sich mit den Vorstellungen des Deutschen Hauswirtschaftsrates Infodienst 2/22 8 Interview Sigried Boldajipour ist seit über zwei Jahren Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates, der im Mai den zweiten Deutschen Hauswirtschaftskongress in Hannover veranstaltete. Mit ihr sprachen wir über Lobbyarbeit für die Hauswirtschaft und die Zukunft des Deutschen Hauswirtschaftsrates. Lobby, Kompetenz und Partner Foto: B. Flatt

decken (Lesen Sie dazu auch das Interview auf Seite 26). Und wie sehen diese Vorstellungen aus? Wir verabreden, dass wir uns gegenseitig über alle relevanten Entwicklungen informieren, wann immer möglich – gemeinsam Papiere und Statements verfassen und unterzeichnen und gemeinsam bei Gesetzgebungsverfahren Stellung beziehen. Gibt es diese Kompetenzpartnerschaft nur mit der Pflege oder auch mit anderen Berufsgruppen? Wir pflegen gute Kontakte zum Bereich Soziale Arbeit. Prof. Barbara Thiessen, Vorsitzende der Deutschen Gesellschaft für Soziale Arbeit, war ja auch auf dem Hauswirtschaftskongress. Auch hier gibt es eine gute Zusammenarbeit, aber sie ist noch nicht so konkret. Die Soziale Arbeit ist anders aufgestellt, so dass hier noch mehr Vorarbeit notwendig ist. Was versprechen Sie sich von einer Kooperation mit dem Bereich Soziale Arbeit? Unser Ziel ist es einerseits, Kontakt zu den Berufsverbänden der Erzieher*innen und Pädagog*innen aufzubauen. Andererseits müssen wir mit den Trägerorganisationen zusammenarbeiten, denn diese bestimmen, wie viel Hauswirtschaft es z.B. in den Einrichtungen für Kinder und Jugendliche geben soll und inwieweit Hauswirtschaft Teil des pädagogischen Konzeptes sein soll. Anders als in der Pflege gibt es derzeit in Kitas und Schulen kaum ausgebildetes hauswirtschaftliches Personal. Hier gibt es noch viel zu tun. Die Arbeit für den Deutschen Hauswirtschaftsrat geht also direkt nach dem Kongress weiter. Welche Themen stehen noch auf Ihrer Agenda? Haushaltsnahe Dienstleistungen sind ja von Anfang an ein Thema für uns. Wir hoffen, dass die neue Projektförderphase des Kompetenzzentrums Professionalisierung und Qualitätssicherung haushaltsnaher Dienstleistungen (PQHD) den Zuschlag bekommt und somit weiterarbeiten kann. Wir, das heißt der Deutsche Hauswirtschaftsrat, wird dem Kompetenzzentrum PQHD zuarbeiten. Die Ergebnisse werden in die Arbeit unserer Sektion „Haushaltsnahe Dienstleistungen” einfließen. Außerdem werden wir das Kompetenzzentrum PQHD unterstützen, die Ergebnisse in Politik und Gesellschaft breit zu streuen. Es wird also eine intensive Zusammenarbeit geben, um die Bedingungen für haushaltsnahe Dienstleistungen zu verbessern. Stärken haushaltsnahe Dienstleistungen das Berufsfeld Hauswirtschaft insgesamt? Ja, auf jeden Fall. Denn das Berufsfeld kann seinen Beitrag für eine gerechtere Gesellschaft deutlich machen: Unterstützung von berufstätigen Frauen, Entlastung von pflegenden Angehörigen sowie Verhinderung von Altersarmut durch sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in diesem Bereich. Im Rahmen der neuen Förderphase des Kompetenzzentrums PQHD ist auch eine Informations- und Imagekampagne geplant. Wir versprechen uns davon viel, denn eine Imagekampagne für haushaltsnahe Dienstleistungen wird auch eine Imagekampagne für die Hauswirtschaft sein. Das wird eine spannende Geschichte. Laut Koalitionsvertrag sollen haushaltsnahen Dienstleistungen in Deutschland gefördert werden. Gibt es hier schon Bewegung? Hier ist gerade die Politik bzw. das Bundesministerium für Arbeit und Soziales gefragt. Ich wünschte mir, dass schneller gearbeitet würde. Am Anfang wurden die Verzögerungen damit begründet, dass sich die neuen Mitarbeitenden nach dem Regierungswechsel erst einarbeiten müssten. Jetzt habe ich das Gefühl, dass gerade andere Schwerpunkte gesetzt werden. Aber es ist wichtig, dass wir hier weiterkommen und nicht noch mehr Zeit verlieren. Wir werden dranbleiben. Sie sind seit gut zwei Jahren Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates. Wie lange werden Sie noch im Amt sein? Infodienst 2/22 9

Die Amtsperiode beträgt drei Jahre. Anfang nächsten Jahres wird es Neuwahlen geben. Ich werde nicht mehr kandidieren und hoffe, dass jüngere Menschen hier Verantwortung übernehmen werden. Es gibt einen Wahlausschuss, der die Aufgabe hat, mögliche Kandidat*innen zu suchen und anzusprechen. Die Ratsversammlung hat beschlossen, die Amtsperiode auf vier Jahre zu verlängern, um mehr Kontinuität in der Arbeit des Deutschen Hauswirtschaftsrates zu ermöglichen. Wieviel Zeit muss man in dieses Ehrenamt stecken? Ich habe als Präsidentin zeitweise bis zu 20 Stunden pro Woche für den Deutschen Hauswirtschaftsrat gearbeitet. Das ging bei mir nur, da ich im Ruhestand bin. Aber eigentlich suchen wir ja Kandidat*innen, die im Berufsleben stehen und bereit sind, dieses Ehrenamt zu übernehmen. Deshalb müssen wir dringend den Umfang der Geschäftsstelle deutlich ausweiten, damit diese das Präsidium des Hauswirtschaftsrates entlasten kann. Wie kann das finanziert werden? Aus eigener Kraft schafft das der Deutsche Hauswirtschaftsrat nicht. Wir brauchen eine Finanzierung für eine Geschäftsstelle mit öffentlichen Geldern. Interessant ist, dass der Deutsche Pflegerat eine halbe Stelle für die Geschäftsführung vom Bundesministerium für Gesundheit finanziert bekommen soll. Eine solche Unterstützung durch ein Bundesministerium ist auch unser Ziel, an dem wir arbeiten. Wir hoffen, dass wir bis Ende des Jahres erfolgreiche Gespräche dazu in Berlin führen können, so dass wir in 2023 eine hauptamtlich besetzte Geschäftsstelle haben, die Arbeit übernehmen kann, die jetzt das Präsidium erledigt. Gibt es realistische Chancen auf Finanzierung? Ich bin eher optimistisch. Wünschenswert wäre es, mit einer Projektfinanzierung zu starten, die sich danach verstetigt. Wir wissen, dass der Verein DHB Netzwerk Haushalt (ehemals Deutscher Hausfrauenbund) auf Bundesebene aufgelöst wurde, der eine öffentliche Finanzierung erhalten hatte. Es gibt also Vorbilder. Sie gehen davon aus, dass der Hauswirtschaftsrat mit einer starken Geschäftsstelle leichter eine Nachfolgerin oder einen Nachfolger für Sie findet? Auf jeden Fall. Gerade die politische Arbeit ist sehr wichtig, aber auch sehr zeitintensiv. Hier kann eine Geschäftsstelle viel übernehmen. Ich war vorher schon politisch tätig und konnte somit auf mein Wissen und meine Erfahrungen zurückgreifen. Von daher fiel mir die Einarbeitung nicht schwer, gleichwohl war es zeitintensiv. Was bringt so ein Ehrenamt für einen persönlich? Mir persönlich hat es sehr viel gebracht. Alle Erfahrungen, die ich in meinem Berufsleben gesammelt habe, konnte ich hier einbringen. Während meiner Präsidentinnenschaft stand der Teamgedanke sehr im Vordergrund. Alle Mitglieder des Vorstands haben in ihrem Bereich Verantwortung übernommen. Das hat an den meisten Stellen gut funktioniert und mich auch entlastet. Es ist wunderbar zu erleben, dass man gemeinsam mehr schafft als allein. Aber die Gesamtverantwortung bleibt natürlich immer beim Präsidium. Ich bin schon seit vier Jahren im Ruhestand, habe dieses Ehrenamt also für eine berufliche Karriere nicht gebraucht. Das wird bei einer Präsidentin oder einem Präsidenten im Berufsleben anders sein. Diese Fülle an Informationen, auf die man durch dieses Ehrenamt zugreifen kann, und das große Netzwerk, das einem zur Verfügung steht, kann ein großer Mehrwert für das Berufsleben bedeuten. Ich bin überzeugt, dass man auch beruflich stark von diesem Ehrenamt profitieren kann. Am besten ist es, wenn man das Ehrenamt mit seinen beruflichen Aufgaben verknüpfen kann. Vielen Dank für das Gespräch. Das Interview führte Beatrix Flatt Infodienst 2/22 10 Interview Die amtierende Präsidentin des Deutschen Hauswirtschaftsrates Sigried Boldajipour (links) im Gespräch mit ihrer Vorgängerin und Gründungspräsidentin Dorothea Simpfendörfer während des Kongresses. Foto: B. Flatt

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