Infodienst 3 / September 2022

Infodienst 3/22 9 Sind Algen ein Nischenprodukt oder lassen sich diese auch in der Gemeinschaftsgastronomie integrieren? Als Küchenchef eines Messe- und Kongresszentrums verantworte ich oft Veranstaltungen mit mehreren 1000 Personen. Von daher kann ich behaupten, dass sich Algen auch für Großküchen eignen. Und wie schaffen Sie es, Ihre Gäste davon zu begeistern? Ich verfolge zwei Wege: Ich setze die Alge proaktiv ein, das heißt, die Alge steht im Gericht im Vordergrund. Dabei beobachte ich, dass viele Menschen einen Bogen um dieses Angebot machen, da sie Vorbehalte oder manchmal sogar Abneigungen gegen Algen haben. Wenn ich zum Beispiel einen Wakame-Salat, also einen Salat aus Meeresalgen auf dem Buffet platziere, ist Aufklärung notwendig. Aber dieser Salat ist gleichzeitig ein geschmackliches Highlight. Ich integriere Algen aber auch in Gerichte, ohne die Alge in den Vordergrund zu stellen. Kartoffelsalat kann man zum Beispiel gut mit klein geschnittenen Meeresalgen anreichern. Die Essensgäste nehmen die Algen meist als Kräuter wahr. Durch die Algenbeigabe brauche ich den Salat allerdings weniger salzen und die Menschen bekommen die wertvollen Inhaltsstoffe der Algen. Ähnliches mache ich auch mit Gemüsesuppe oder Pesto. Menschen essen Sushi und wissen oft nicht, dass Nori eine Meeresalge ist. Haben Sie Tipps für Küchenleiter und Küchenleiterinnen? Zuerst muss man wollen und bereit sein, sich mit Neuem auseinanderzusetzen. Küchenleiter haben eine Pflicht, sich mit neuen Lebensmitteln und neuen Ernährungsweisen auseinanderzusetzen. An vegan kommt kein Küchenchef mehr vorbei und so wird es demnächst auch mit der Alge sein. Auch hier kann ich nur sagen, einfach mal probieren und Algen wie Kräuter ganz selbstverständlich in Gerichte einarbeiten und danach Feedback einholen und mit den Essensgästen ins Gespräch zu kommen. Ist das in Ordnung, Algen auf den Tisch zu bringen, ohne dass die Essensgäste es wissen? Algen sind für jedes Essen eine Bereicherung und auch kulinarische Highlights. Sie sind gesund, schmackhaft und man spart durch den Umami-Geschmack Salz. Es ist vegan und es gibt auch keine religiösen oder ethischen Gründe, die gegen Algenverzehr sprechen. Wer sich für die Zutatenliste interessiert, der erfährt es natürlich. Das Einzige, was man bedenken muss, ist der hohe Jodgehalt mancher MeeresAlgen. Das ist bei einem kombiniertem Buffet jedoch nicht so relevant, da Algen nur als eine Zutat von mehreren in den Gerichten verarbeitet werden. Im Bereich Senioren- oder Krankenhausverpflegung erhalten Menschen, die auf den Jodgehalt achten müssen, von Haus aus einen speziellen Diätplan. Welche Rolle könnten Algen auf dem Speisenplan in Altenheimen oder Tagungsstätten spielen? Hier sind wir noch sehr am Anfang. Als Vorreiter experimentiere ich mit der Alge in der Gemeinschaftsverpflegung. Mit den beiden Algenpionieren Kirstin Knufmann und Jörg Ullmann entwickele ich gerade ein Schulungskonzept für Köche für das nächste Jahr. Vielen Dank, Herr Skoluda. Das Interview führte Beatrix Flatt. Küchenchef Oliver Skoluda experimentiert mit Algen Algen in der Gastronomie und Seniorenverpflegung? Ullmann und Knufmann sehen ein großes Potenzial der Algen in Großküchen, zum Beispiel in Mensen oder Betriebsrestaurants, die vegane Küche anbieten, oder in Krankenhäusern und Senioreneinrichtungen, wo man Wert auf gesunde Ernährung und eine hohe Nährstoffdichte legt. Verantwortliche und Entscheidungsträger müssen das Produkt kennenlernen, von den Vorteilen überzeugt sein und dann lernen, mit Algen umzugehen und vor allem Gerichte zuzubereiten, die die Essensgäste akzeptieren. Hier arbeiten die beiden zum Beispiel mit dem Küchenleiter Oliver Skoluda zusammen. „AmAnfang stand die Produktion im Vordergrund, mittlerweile arbeiten wir daran, die Potenziale der Algen für die Ernährung, aber auch für Industrie und Technik zu erforschen und zu kommunizieren”, so Ullmann. „Im Moment scheint es, als ob Algen einen Lösungsansatz für viele Probleme auf der Welt bieten. Man muss nur wissen, welche Alge für was angewendet werden kann.“ Dann sei alles möglich von Ernährung über Treibstoff bis hin zu Zementersatz. Algen: Lebensmittel und Rohstoff der Zukunft. Beatrix Flatt

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