Infodienst 1 / Dezember 2018

Infodienst 1/18 6 Sozialpolitik Fotos: FIGR Von der Versorgung zur Alltagsgestaltung Die Hauswirtschaft gewinnt an Selbstbewusstsein. Wohngruppen in der Altenhilfe mit Alltagsbegleiterinnen oder Präsenskräften verdeutlichen, dass die Hauswirtschaft nicht mehr nur für die Versorgung zuständig ist, sondern auch für die Förderung und Aktivierung der Menschen direkt in ihrem Wohn- und Lebensraum. Hier ein Überblick über Chancen, wie sich hauswirt- schaftliche Betreuung in der Praxis etablieren kann. In der Vergangenheit war es oft so, dass wir viel Energie dafür aufgewendet ha- ben, um mit unserer Profession in der Altenpflege gesehen zu werden. Hier hat sich inzwischen das Blatt komplett gewendet. Die Hauswirtschaft wird gesehen und ihre Wichtigkeit nicht mehr geleugnet. Ganz im Gegenteil: In immer mehr sozialen Bereichen – auch außer- halb der Altenpflege – werden Konzepte der Förderung und Aktivierung direkt in den Wohn- und Lebensräumen der Klienten zu Handlungsfeldern, die den Leistungsumfang und das Wirkungs- spektrum der Hauswirtschaft verändern und erweitern. Im Prinzip werden mit diesen Entwicklungen Chancen und Möglichkeiten eröffnet, damit die Haus- wirtschaft ihr Konzept der hauswirt- schaftlichen Betreuung etablieren kann. Mit der hauswirtschaftlichen Betreuung, die seit 1999 in der Ausbildung zur Hauswirtschafterin und seit 2005 in den Anforderungen an die Meisterprüfung verankert ist, wäre die Hauswirtschaft im Prinzip bestens vorbereitet auf diese neuen Entwicklungen. Wenn nicht die personellen Rahmenbedingungen dage- gensprächen. Aktuell ist es so gut wie nicht finanzierbar, dass Hauswirtschaf- terinnen als Alltagsbegleiterinnen oder Präsenzkräfte in Wohngruppen tätig sind. In der Regel werden angelernte Kräfte eingesetzt. Auch bei den Lei- tungsverantwortlichen ist die Frage, ob sie sich im Rahmen ihrer Ausbildung schon für die hauswirtschaftliche Be- treuung qualifiziert haben. Die Realität sieht häufig anders aus. Orientierung auf neuen Wegen Für Fach- und Führungskräfte sind die neuen Ansätze eine Herausforderung und an vielen Stellen auch eine Zu- mutung, da die neuen Wege schmal und nur sehr lückenhaft mit Wegweisern aus- gestattet sind. Wir befinden uns in einer Phase, in der fachlich fundierte Weiter- entwicklungen und der kollegiale Aus- tausch zu wichtigen Instrumenten ge- worden sind. Dafür ist es gut, dass sich immer wieder Kolleginnen zusammen- tun, um fachliches Wissen zu bündeln, weiter zu entwickeln und zu veröffentli- chen. Bücher wie „Den Alltag leben!”, „Zahncreme auf Spaghetti” und „Mahl- zeiten wertschätzend gestalten” (er- scheint 2018) sind wichtige Wegmarken in den aktuellen Entwicklungsprozes- sen, in die immer auch Verbandskolle- ginnen eingebunden sind. Diese Ver- öffentlichungen zeigen, dass die Haus- wirtschaft dabei ist, ihre Hausaufgaben zu machen und sich als Profession zu profilieren. Betreuung bringt zusammen, was zusammengehört Zuerst waren es die Weiterdenker und Zukunftsentwickler in der Pflege, die für Pflegeeinrichtungen Wohnküchen ge- plant und für die Personalstruktur Skizzen entwickelt haben. In der ambu- lanten Pflege wurden im vergangenen Jahr die Angebote zur Unterstützung im Alltag verankert, in denen hauswirt- schaftliche Dienstleistungen eine beson- dere Rolle spielen. Diesen konzeptionel- len Neuausrichtungen ist eines gemein- sam: Es geht um eine Verknüpfung hauswirtschaftlicher Versorgung mit för- dernden und aktivierenden Anteilen. Diese Entwicklungen lassen sich sehr gut mit dem Handlungskonzept der hauswirtschaftlichen Betreuung abbil- den, das zum ersten Mal von einer Ar- beitsgruppe in der Deutschen Gesell- schaft für Hauswirtschaft beschrieben und ausdifferenziert wurde. Es wurde entwickelt, um einem hauswirtschaftli- chen Handeln, das nicht mehr der klassi- schen Planung, Durchführung, Steue- rung und Reflexion entspricht, einen Rahmen und einen Namen zu geben. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass viele der aktuellen Entwicklungen dem einmal gesetzten Rahmen zugeordnet werden können. Ganz aktuell haben die für die Hauswirtschaft zuständigen Arbeitgeberorganisationen und die Ge- werkschaften die Eckdaten für die Neu- ordnung der Ausbildung zur Hauswirt- schafterin abgestimmt und dabei sich der deutlich dafür ausgesprochen, dass die beide Handlungskonzepte hauswirt- schaftliche Versorgung und hauswirt- schaftliche Betreuung auch in Zukunft das Berufsbild des Erstberufes in der Hauswirtschaft prägen sollen. Hauswirtschaft hat heute nicht mehr nur die Aufgabe, Men- schen mit Hilfebedarf zu versor- gen. Vielmehr geht es um eine Verknüpfung der hauswirtschaft- lichen Versorgung mit der Förderung und Aktivierung der Menschen, damit diese lange eigenständig handeln können.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY2ODY=