Infodienst 2 / April 2018

Infodienst 2/18 3 Editorial Liebe Leserinnen und Leser, Beatrix Flatt Die Zahlen sind alarmierend:16 Prozent der Krankheitstage der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in Deutschland haben seelische Belastungen als Ursache. Laut Prognosen wird die Zahl noch weiter steigen. Psychische Erkrankungen stehen als Ursache von Frühverrentung an erster Stelle. Stress wird immer wieder als Ursache für diese Krankheiten genannt. Was machen wir falsch? Wie kommen wir raus aus unseren per- sönlichen Hamsterrädern? Üblicherweise gibt uns unser Körper genügend Signale, wenn es ihm zu viel wird. Aber beachten wir sie immer ausreichend? Kennen wir unsere Stressoren? Wissen wir wieviel wir davon ver- tragen? Es gibt keine Norm, wieviel Stress ein Mensch verträgt. Stress, der den einen beflügelt und zu Höchstleistun- gen motiviert, kann für den anderen Menschen eine große Last werden, die krank macht. Jeder muss für sich selbst herausfinden, wieviel er aushält, was gut tut und was krank macht. Jeder muss erkennen, wie, wann und wie oft es Zeit ist, den eigenen Akku wieder aufzuladen. Aber Gesundheit ist nicht mehr nur Privatsache. Unternehmen haben hier eine große Verantwortung. Be- triebliches Gesundheitsmanagement wird heute schon in vielen Unternehmen gelebt. Ziel kann unter ande- rem sein, Belastungen am Arbeitsplatz zu minimieren und die persönlichen Ressourcen der Mitarbeiter zu stärken. Allerdings reichen einzelne Kurse zur Rückengesundheit oder Entspannung nicht aus. Es geht um eine „gesunde Organisation“ und eine „gesunde Führung“. Sie als Führungskraft haben eine große Verantwortung: Zum einen müssen Sie sich um Ihre eigene seelische und körperliche Gesundheit kümmern, um gesund und stabil zu bleiben, damit Sie den hohen Anforderun- gen am Arbeitsplatz gerecht werden, zum anderen muss Ihnen das Wohlergehen Ihrer Mitarbeiter am Her- zen liegen, damit diese die Arbeit erledigen können. In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns nicht nur mit betrieblichem Gesundheitsmanagement, sondern auch mit dem Thema Achtsamkeit, also die Fähigkeit im Hier und Jetzt zu sein. Achtsamkeit gilt in modernen Un- ternehmen in Amerika als das neue Koffein am Arbeitsplatz. Also noch mehr Leistung, noch mehr, schneller und besser arbeiten? Darum darf es nicht gehen. Achtsamkeit kann helfen, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren und die eigenen Grenzen besser zu erkennen. Als Führungskraft müssen Sie achtsam gegen- über sich selbst und achtsam gegenüber den Menschen sein, für die Sie verantwortlich sind. Wichtig ist es, Freiräume zu schaffen, dass Ihre Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach ihren eigenen Bedürfnissen achtsam arbeiten können. Selbst wenn erste Forschungsergebnisse zeigen, dass Menschen durch Achtsamkeitstraining konzentrierter, besser und kreativer arbeiten, so sollte doch klar sein, dass das Ziel von Achtsamkeit nicht Leistungssteige- rung ist. Mit Achtsamkeit kann man nicht über schlechte Arbeitsbedingungen, Zeitdruck oder Personalman- gel hinwegtäuschen. Man kann Missstände auch nicht durch Meditation wegatmen. Nur Betriebe, denen es ernsthaft darum geht, eine gesunde Arbeitsumgebung zu schaffen und eine gesunde Führungskultur aufzu- bauen, werden Achtsamkeit zum Positiven für ihre Mitarbeiter und für den Betrieb leben können. Beatrix Flatt

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