Infodienst 5 / Oktober 2017

selbst. Dafür werden dreimal in der Woche während des Mittagessens Le- bensmittel von Wurst und Käse über Brot bis hin zu Gemüse ausgegeben. Diese lagern die Bewohner in ihren Kühlschränken im Zimmer. Zum einen erlaubt dieses System, dass in der Küche nur im Einschicht-Betrieb gearbeitet wird, zum anderen üben die Bewohner zumindest ein wenig, eigenständigen Alltag zu leben. Mit einer Ausnahme: Bewohner, die einer geregelten Arbeit nachgehen, verpflegen sich selbst. Sie nutzen die Etagenküchen für die Zu- bereitung der Mahlzeiten. Das Küchen-Team bereitet jeden Tag für etwa 120 bis 150 Personen das Essen zu. Anspruch ist es, ein attraktives Essen anzubieten. Es werden verschiedene Ernährungsformen und verschiedene Diäten berücksichtigt. Um das Speisen- angebot den Wünschen der Bewohner anzupassen, gibt es regelmäßige Gesprä- che zwischen Küchenverantwortlichen und der Bewohnervertretung. Im Speisesaal sitzen die Männer oft allein vor ihren Tabletts. Viel Kommu- nikation gibt es nicht. „Viele Menschen, die auf der Straße leben, haben verlernt, in Gesellschaft zu essen”, erläutert Christine Wilke. „Einige ertragen sich auch untereinander nicht.” Deshalb sei es so wichtig, dass alle Männer in der Einrichtung ein Einzelzimmer haben, damit sie sich zurückziehen können. Einige Männer kommen mit ihrem eige- nen kleinen Topf in den Speisesaal. Aus hygienischen Gründen bekommen sie das Essen bei der Essensausgabe aber auf den Teller. Am Tisch füllen sie das Essen dann in den mitgebrachten Topf und nehmen es mit in ihr Zimmer, um dort allein zu essen. Christine Wilke hat ein kompliziertes und aufwändiges Pfandsystem mit selbsthergestellten, mehrfarbigen Papiercoupons für Ge- schirr, Tablett und Vorratsdosen entwi- ckelt, um den „Schwund” an Geschirr in Grenzen zu halten. Mit dem System müssen die Bewohner Geschirr und Besteck zurückbringen. Auch für die Wäsche wird gesorgt. Bettwäsche und Handtücher werden von der Einrichtung gestellt. Die persönliche Wäsche kann entweder selbst gewa- schen oder in der Wäscherei abgegeben werden. In einer kleinen Näherei werden Flickarbeiten sowohl von Heimwäsche als auch von privater Wäsche erledigt. Viele Bewohner geben aus Angst vor Verlust ihre Wäsche nicht aus der Hand. Sie kümmern sich selbst darum. Dafür stehen Waschmaschinen zur Verfügung. Zu den Aufgaben der Abteilungsleiterin Wirtschafts- und Versorgungsdienste gehört es auch, die Arbeitsgelegenheit (AGH) zu koordinieren. So arbeiten in der Küche, im, in der Cafeteria, in der Hauswirtschaft, im Fahrdienst und in der Wäscherei Menschen, die auf dem ers- ten Arbeitsmarkt keine Chance hätten. Sonnenberg betont, dass es nicht die Bewohner aus der eigenen Einrichtung sind, die hier arbeiten, sondern Men- schen mit ähnlichen Schwierigkeiten aus anderen Einrichtungen oder Maß- nahmen. „Wir wollen Wohnen und Ar- beiten trennen, das heißt, unsere Bewoh- ner, die arbeiten, machen das in anderen sozialen Einrichtungen.” Insgesamt 18 Menschen arbeiten über AGH-Maßnah- men für etwa 30 Stunden in der Woche im Werkheim. „Diese Menschen anzu- leiten und in den laufenden Arbeitspro- zess zu integrieren, ist eine große Herausforderung. Hier konnte ich mich beruflich verwirklichen”, so Christine Wilke. Sie gibt zu, dass sie immer ge- hofft hat, die Hauswirtschaft im Rahmen der sozialpädagogischen Begleitung Infodienst 5/17 9 Die Mitarbeiter in der Hauswirt- schaft versorgen die Männer in der Einrichtung für Obdachlose umfassend – vom Essen bis zur Wäsche. Für einen Teil der Männer ist die Einrichtung der dauerhafte Wohnsitz, da man davon ausgeht, dass sie es nicht mehr schaffen, selbstständig zu leben und für sich zu sorgen.

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY2ODY=