Infodienst 2 / April 2018

Infodienst 2/18 6 Arbeitsplatz Fotos: FIGR Wo liegen die Belastungen? Stress und Burnout scheinen Modethemen zu sein. Nur wer gestresst ist, wirkt wichtig und zeigt damit, dass er gebraucht wird. Doch psychische Belastungen gehören zu den Spitzenreitern der Ursachen für Fehltage am Arbeitsplatz. Neben den persönlichen Einschränkungen und negativen Folgen für die Betroffenen geht es auch um den wirtschaftlichen Schaden für die Unternehmen. Das Arbeitsschutzgesetz versucht hier gegenzusteu- ern: Seit 2013 ist die Gefährdungsbeurteilung auch für psychische Belastungen gesetzlich vorgeschrieben. Doch noch setzen die wenigsten Einrichtungen dies systematisch um. Beschäftigte in Deutschland fehlen im- mer häufiger aufgrund psychischer Erkrankungen am Arbeitsplatz. Der Trend ist steigend, die Ursachen sind jedoch vielfältig. Allein im letzten Jahrzehnt hat sich die Anzahl der Ar- beitstage, die aufgrund psychischer Erkrankungen ausgefallen sind, nahezu verdoppelt: 2001 lag die Anzahl bei 33,6 Millionen, 2012 bereits bei 59,5 Milli- onen. Auch der Anteil der Menschen, die aufgrund seelischer Leiden frühzeitig in Rente gehen, ist von 15,4 Prozent im Jahr 1993 auf 42 Prozent im Jahr 2012 angestiegen. Psychische Erkrankungen sind inzwischen die Hauptursache für Frühverrentungen. Die Betroffenen sind im Durchschnitt erst 48 Jahre alt. Im DAK-Gesundheitsreport ist das Ge- sundheitswesen (siehe z. B. https://www. bkk-dachverband.de//fileadmin/publika- tionen/gesundheitsatlas/2017/BKK_Ges undheitsatlas_2017.pdf) die Branche mit dem größten Krankheitsstand aufgrund psychischer Erkrankungen: 2016 lag die Quote bei 4,7 Prozent. Besonders bei Frauen nehmen psychische Erkrankun- gen eine Spitzenposition ein: Statistisch betrachtet hatten jeweils 100 weibliche Beschäftigte 310 Fehltage. Frauen haben einen höheren Anteil an psychischen Erkrankungen, die eine Rolle für Arbeitsunfähigkeiten spielen. Dazu gehören beispielsweise Depressio- nen. Experten zufolge nehmen Depres- sionen und andere seelische Leiden jedoch nicht zu, sondern werden ledig- lich besser erkannt und weniger stigma- tisiert – hinzukommt, dass Frauen häufi- ger bzw. früher zumArzt gehen und sich behandeln lassen. Diese Werte sind vor allem für die Haus- wirtschaftsbranche, in der ein hoher Frauenanteil besteht, alarmierend. Doch ist man gleich krank, wenn man gestresst ist? Stress hat heutzutage jeder. Wenn es um Arbeitsverdichtung, Halbwertzeit des Wissens und neue Technologien geht, sind so gut wie alle Bereiche des Lebens und Arbeitens betroffen. Die teilweise daraus resultierenden psychischen Krankheiten als Psychoblase oder Mode-Erkrankung abzutun, ist jedoch nicht angebracht. Dagegen sprechen die Gesundheitsberichte der Krankenkassen (siehe oben) und die entsprechenden Statistiken. Vielmehr werden Erkran- kungen heute besser erkannt, und die Menschen trauen sich eher, wegen einer psychischen Erkrankungen zum Arzt zu gehen. Stress an sich ist erst einmal ein norma- ler Vorgang, der weder positiv noch negativ ist. Der Körper und die Psyche werden in Alarmbereitschaft versetzt: Ein Relikt aus der Evolution, denn ein Adrenalinausstoß war durchaus sinnvoll, Die Abbildung zeigt die Entwicklung der Fehltage bei Berufstätigen. Wann wird Stress zur psychischen Belastung? Wie können die Arbeits- bedingungen gestaltet werden, damit Menschen gesund und arbeitsfähig bleiben?

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