Infodienst 3 / Oktober 2021

6 Infodienst 3/21 Was, bitteschön, soll New Work mit Hauswirtschaft zu tun haben? Hiermit will ich Sie auf eine Reise mitnehmen, die für Sie persönlich, aber auch für die Organisation, in der Sie arbeiten, lohnend sein kann. Auf dieser Reise klären wir die Fragen, was New Work ist und welche Verbindung zwischen New Work und der Hauswirtschaft bestehen kann. Außerdem gehen wir darauf ein, was Sie konkret von New Work in Ihrer Einrichtung umsetzen können und warum dies sinnvoll sein kann. Haben Sie Lust? Dann steigen Sie ein. Zu beachten ist, dass die Bilder der Reise nach New Work bewusst überzeichnet sind, um Sie damit zum Nachdenken anzuregen. Zukunft der Arbeit 1. Station: Was ist New Work? Wenn Sie an unserer ersten Station nach rechts schauen, sehen Sie „New Work als Organisationsentwicklung". Viel- leicht kommt Ihnen dieses Bild von New Work bekannt vor? Es kann sein, dass Sie in einer Zeitung oder einem Fernsehbericht von diesem New Work gehört haben. Wenn Sie dieses New Work betrachten, sehen Sie Menschen, die in hippen Büros an Laptops sitzen und das Arbeit nennen. Sie sehen Bars in Coworking-Spaces, vornehmlich in Großstädten, an denen Chai-Latte ge- trunken wird. Die Menschen an der Bar sprechen von Organisationen ohne Hierarchien, von selbstorganisiertem Arbeiten, von autonomen Teams, von Mandaten und von kompetenzbasierter Führung. Sie sehen Chefs in Turnschu- hen, die von gewaltfreier Kommuni- kation auf Augenhöhe schwärmen. Die Menschen treffen sich in „clear the air meetings" und lösen ihre Konflikte nicht durch klare Ansagen, sondern durch gemeinsame Gespräche. Jedes Meeting beginnt mit einem Check-in und endet mit einem Check-out. Ach ja, überhaupt werden viele fremde, englischsprachige Begriffe benutzt wie lean, agile, Scrum oder Design Thinking. Vielleicht lösen die Bilder bei Ihnen eine gewisse Fas- zination aus? Es ist unbestreitbar: Die Menschen auf dieser Seite von New Work haben ein Glänzen in den Augen und das, obwohl – nein, gerade weil sie arbeiten. Wir könnten auf dieser Seite von New Work noch lange verweilen und jeden einzelnen Aspekt genau beleuchten, damit deutlich wird, was sich dahinter verbirgt und warum die Menschen anders und neu arbeiten. Denn klar ist: Die Veränderung von Organisationen ist hochgradig wichtig. Wir wollen aber auch noch einen ande- ren, mindestens ebenso wichtigen Aspekt von New Work beleuchten. Schauen Sie also einmal nach links. Sie sehen eine andere Welt: Arbei- ter*innen, die aufgrund von Automati- sierung und Roboterisierung ihren Job verloren haben. Vermutlich erkennen Sie Dörfer, ganze Stadtteile, Städte, ganze Landstriche (und wenn Sie sehr weit in die Ferne schauen, sogar ganze Länder und Kontinente vor allem im globalen Süden), in denen Menschen leben, denen es nicht wirklich gut geht. Ihnen wird klar, dass es den Menschen nicht gut geht, weil sie ihren Job verlo- ren haben, da sie es im Zuge des „Höher, Schneller, Weiter" und des „Wachstums um jeden Preis" nicht geschafft haben, einen Job zu behalten, der ihre Familie ernährt. Vielleicht sehen Sie aber auch ältere Frauen, die nicht von ihrer Rente leben können, da unser System Frauen immer noch syste- matisch unterbezahlt – insgesamt und in sogenannten Frauenberufen (soziale Berufe, Hauswirtschaft etc.) besonders. Auf dieser Seite von New Work wird deutlich, dass sich New Work nicht nur um eine Veränderung von Organisa- tionen dreht. Es geht auch um die Ver- änderung der gesellschaftlichen Rah- menbedingungen, unter denen Arbeit stattfindet. Und wir haben an dieser Stelle noch nicht die Klimakatastrophe angeschaut, die durch unsere „traditio- nelle” Art zu Arbeiten wortwörtlich befeuert wird. Der Blick auf diese Seite von NewWork zeigt außerdem einen alten Mann, Frithjof Bergmann, den vor Kurzem ver- storbenen Begründer des Begriffs New Work. Bergmann hat sich mit dieser zweiten Seite von New Work beschäf- tigt und gefragt, wie es gelingt, Arbeit so zu gestalten, dass sie Menschen und Umwelt stärkt anstatt schwächt. Bergmann sagt, dass „das Ziel der neuen Arbeit nicht darin besteht, die Menschen von der Arbeit zu befreien, sondern die Arbeit so zu transformieren, damit sie freie und selbstbestimmte menschliche Wesen hervorbringt". Das gelingt nach Bergmann in der Abkehr von der Lohn- arbeit wie wir sie kennen und in der Begleitung der Menschen hin zur Ant- wort auf die Frage, was sie „wirklich, wirklich tun wollen”. Damit einher gehen Werthaltungen und ein Men- schenbild, das Freiheit, Selbstbestim- mung und Autonomie der Menschen stärken will bei gleichzeitiger Über- New Work in der Hauswirtschaft – ein Reisebericht Eine Reise durch die Arbeitswelt: selbstorgani- sierte Teams, die ihre Arbeit lieben (links), Menschen, die in der modernen Arbeitswelt nicht mehr gebraucht werden (Mitte) und eine Fachkraft, die in dem systemrelevanten Beruf Hauswirtschaft arbeitet.

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